Wieviel gummibÄrchen braucht ein Mann, um zu vergessen.

Feste feiern ..

In Darmstadt war neulich Schlossgrabenfest, eines der ganz großen Events in meiner Heimatstadt. An vier Tagen spielen rund ums Darmstädter Schloss, das ja angenehm in der Innenstadt, liegt zig Bands parallel auf 4 Bühnen und zwar für lau. Allerdings hofft man vergebens auf Top Acts wie Marylin Manson oder DJ Bobo, aber dafür bekommt man die komplette Breitseite lokaler Bands angeboten. Manche sind überraschend gut für die anderen kann man ja auf die Gastronomie ausweichen.
Jede Menge Getränkestände und exotische Cholesterinzubereitungsbuden versorgen die immerhin 300.000 Besucher. Ja, Dreihunderttausend, das ist über doppelt soviel, wie Darmstadt Einwohner hat, nicht schlecht eigentlich. Aber was mich immer wieder in Begeisterung versetzt, sind die kleinen provinziellen Atavismen in meiner Lieblingsgroßstadt.

Als wir beschlossen in die Stadt zu fahren, dachten wir, dass der Bus das ideale Verkehrsmittel wäre. Er hält direkt bei unserer Wohnung, fährt bis in die Innenstadt und ist auch leicht bis mittelschwer alkoholisiert immer noch recht unkompliziert zu benutzen. Aber was mussten wir erleben? In Darmstadt fahren die Busse Samstags (!) ab 19.00 (!) nur noch im Halbstundentakt (!) wir standen also neben vielen andern Möchtegernausgehern an der Haltestelle und kamen uns ein klitzekleines bisschen doof vor.

Der Bus war dann natürlich brechend voll und die Atmosphäre eher gedrückt und schweißlastig. Besondere Freude herrschte bei den Zeitgenossen, die beim besten Willen nicht mehr zusteigen konnten und auf den nächsten Bus warten durften. Wartezeit, Verspätung und Busfahrzeit zusammen hätten es übrigens locker gerechtfertigt, zu Fuß in die Stadt zu gehen. Außerdem hätte ich dann nicht 25 Minuten lang Angst haben müssen, dass der Kollege neben mir den Inhalt seiner Warsteinerdose über mich entleert.

Normalerweise dauern solche Open-Air-Events ja eher bis in die frühen Morgenstunden, bis die Bierbuden schließen und die Müllabfuhr anfängt. Nicht so in Darmstadt. Am Freitag Abend hatte ein Anwohner das Ordungsamt veranlasst, Bühne 1 wegen ungebührlichen Lärmens zu schließen. Um 22.15! Der Anwohner hatte Aufgrund eigener Lärmpegelmessung ein unzumutbares Schallniveau von über 65dB diagnostiziert. 65dB werden dort, am Marktplatz, bereits ohne Bühne alleine durch die Existenz des großen, belebten Platzes überschritten.

Besagter Anwohner hatte voll ehrlicher Beharrlichkeit schon vor einem Jahr geklagt und die 65dB Schmerzgrenze gerichtlich fixieren lassen. Wie ein Gericht auf die Idee kommen kann, dass 65dB eine geeignete Schallmauer bei Open-Air-Veranstaltungen sind entzieht sich genauso meiner Kenntnis, wie der Grund der Veranstalter in Kenntnis der Sachlage trotzdem eine Bühne in das Krisengebiet zu stellen. Aber das ist halt Darmstadt.

Samstags war die Bühne dann immer noch stillgelegt (im Wortsinne). Aber zum Glück fing es um 22.00 Uhr an zu regnen und wir konnten nach Hause gehen.

Ach ja, der schallempfindliche Anwohner hatte die Tage vor dem Schlossgrabenfest wohl noch im Urlaub auf Ibiza verbracht (das gibt den Oscar für das beste Timing in einem ernsten Film) und wurde nach der Bühnenstilllegung gesehen, wie er auf dem Fest seinen Sieg feierte.

Aber die stille Schadenfreude bleibt, dass der nette Mitmensch im Juli wieder seinen Spaß haben wird. Dann findet nämlich das zweite große Darmstädter Fest, das "Heinerfest" statt. Und genau unter seinem Balkon steht dann ein Fahrgeschäft mit tausend kreischenden Teenies. Schon mal viel Spaß.

 

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