"Gute Fotografen machen gute Bilder - das können sie auch mit schlechten Kameras. Schlechte Fotografen machen schlechte Bilder - das können sie auch mit guten Kameras."

Im folgenden Artikel benutze ich meistens die maskuline Form "Fotograf", das mache ich aus Faulheit und nicht etwa, weil ich glaube, dass nur Männer fotografieren.

Fotolehrgang 3 - Bildgestaltung

Sind wir mal ganz ehrlich, die meisten Urlaubsfotos, die wir zu Gesicht bekommen sehen etwa so aus:

Das liegt natürlich nicht an der Kamera. Vielmehr sind mangelhafte Kenntnisse des Fotografen das Problem. Selbst ohne allzu großes kreatives Talent sollte es eigentlich gelingen spannendere Bilder zu erzeugen. Eine praktische Hilfe möchte ich heute durch meinen MItarbeiter vorstellen lassen.

Die Drittelregel.

Professionelle Künstler kennen eine ähnliche Regel als "Honorarverteilungsparadoxon": Ein Drittel für den Galeristen, ein Drittel für den Künstler, ein Drittel für den Galeristen. Das ist hier nicht gemeint.

Diese grobe Richtlinie geht davon aus, dass man eine ordentliche Bildgestaltung dadurch erreichen kann, dass man das Bildformat horizontal und vertikal dreiteilt. Die entstehenden Linien und deren Kreuzungspunkte dienen zur Positionierung der Bildinhalte

 

Die Linien können beispielsweise zur Plazierung der Horizontlinie im Bild dienen. Man hat dann entweder zwei Drittel über dem Horizont oder zwei Drittel des Bildes unter dem Horizont. Alles besser, als den Horizont genau in die Bildmitte zu legen.

Die Aufteilung entspricht übrigens recht genau der Teilung nach dem "Goldenen Schnitt", dort hätten wir eine Unterteilung im Verhältnis 5:3, bei der Drittelregel sind es 6:3. Es ist also ein ziemlich harmonisches Seitenverhältnis.

Auf die Kreuzungspunkte können wichige Bildelemente gelegt werden. Bei mehreren solcher Elementen können die verschieden wichtigen Teile auch diagonal gegenüberliegen, hilfreich ist, wenn bei mehreren wichtigen Bildteilen keine Gleichwertigkeit entsteht.

Wie bei allen Regeln gilt: Es ist nur ein Weg, nicht der einzige und nicht in jedem Fall der beste. Also, niemals stur an solchen Regeln entlanghangeln.

 

Im folgenden Bild befindet sich das wichtigste Motiv auf dem linken unteren Kreuzungspunkt. So können die Schafe ins Bild hinein laufen, in ihrer Bewegungsrichtung haben sie Platz.

Bei den Pferden sind die zwei Gruppen auf diagonal gegenüberliegenden Kreuzungspunkten positioniert. Die Pferde der zweiten Gruppe sind zudem deutlich kleiner, so entsteht eine klare Hierarchie.

Bei dem sympathischen Herren im nächsten BIld befindet sich der Mund auf einem Kreuzungspunkt, die linke horizontale Linie definiert die Position des zweiten wichtigen Elementes - seines Snacks.

 

Ähnlich im nächsten Beispiel: die Gondel liegt auf einem Kreuzungspunkt, die dominierenden Pfosten auf einer vertikalen Drittel-Linie.

 

Bei allen BIlder zeigt sich eine klare Beschränkung auf einen Bildinhalt. Unser Negativbeispiel vom Anfang dagegen versucht viel zu viel zu zeigen, dadurch wird nichts richtig dargestellt. Die Leute am Strand haben mit der Steilküste im Moment der Aufnahme eigentlich überhaupt nichts zu tun, warum befindet die sich also mit im Bild? Der Grund bei 90 Prozent aller solcher BIlder: Weil der Fotograf zu faul war, ein paar Meter auf sein Motiv zuzugehen (oder nicht wusste, wie er das Zoomobjektiv benutzt).

Dazu ein Zitat von Robert Capa: "Wenn dein Bild nichts taugt, dann warst du nicht nah genug dran."

Warum klappt das mit der Drittelregel so gut?
Weil damit vermieden wird ein Motiv genau in die Bildmitte zu plazieren, was der denkbar langweiligste Platz im Bild ist. Damit ist schon sehr viel gewonnen. nur ein bisschen außerhalb der Mitte langt auch nicht, weil es optisch immer noch sehr zentral wirkt. Unsere Hilfslinien tun da schon gute Dienste Es gibt natürlich auch Motive, die in die Bildmitte gehören, aber das sind nur wenige.

Einer der Schwachpunkte der Drittelregel ist, dass bei sehr kleinteiligen BIldmotiven, etwa bei Straßenszenen um die Kreuzungspunkte sehr viel Platz bleibt und so die "Hauptmotive" nur einen kleinen Teil des Gesamtbildes füllen.

Außerdem rettet die Drittelregel kein Bild, in dem völlig wahllose Objekte versammelt sind. Es ist schon notwendig, dass die Bildteile, die wir jetzt so schön platzieren können, auch etwas miteinander zutun haben, gell.

Noch zwei vorher-nachher Beispiele zum Schluss:

 

Linkes Bild: schlecht, rechtes Bild: gut
Die Lösung: Auschnittsverlagerung
Der Horizont liegt ziemlich exakt in der Bildmitte und dort dümpelt dann überraschenderweise auch das Boot. Rechts hat das Boot Platz in Fahrtrichtung und die drei Farbflächen, die die Szenerie bilden stehen in einem deutlich interessanteren Verhältnis zu einander

 

Linkes Bild: schlecht, rechtes Bild: gut
Die Lösung: Zoomen
Die beiden Damen sitzen eher zufällig plaziert im Format und jede Menge anderer Elemente sind grob angeschnitten. Bei einer einfachen Ausschnittsvergrößerung konzentriert sich der Blick auf das Wesentliche, Allerdings wird hier einer der Schwachpunkte der stumpfen Anwendung der Drittelregel sichtbar: Die Köpfe liegen zwar auf den Kreuzungspunkten der Drittellinien, jedoch könnten die Frauen noch größer abgebildet werden, der Platz nach oben ist ja da und zwar ziemlich ungenutzt, außerdem würde noch einiger Plunder wie die Fensterbank rechts aus dem Format rücken.

 

Nächste Woche geht es weiter mit "Bildgestaltung".
Das Thema: "Kontraste".

 


In den nächsten Wochen habe ich vor, weitere Artikel zum Thema Fotografie -Tipps, Tricks, Bildbearbeitung, Reisefotografie etc. zu veröffentlichen.

Vorab möchte ich gerne anbieten, mir fragen zu Stellen, oder Themenwünsche zu äußern, damit ich im Rahmen der Artikel darauf eingehen kann. Einfach eine Mail an post@ besserwisserseite.de schicken.