Es vollbracht, wir haben eine neue Bundesregierung.
Und ganz neu: Mit Angela Merkel steht eine Bundeskanzlerin steht
an der Spitze.
Das neue Kabinett - Teil 1:
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU)
Angela Merkel ist die erste Ostdeutsche, die jüngste, die erste
Frau und die erste Physikerin in diesem Amt.
Die Kanzler Konrad Adenauer, Kurt Georg Kiesinger und Gerhard Schröder
hatten in Jura abgeschlossen, Ludwig Erhard war promovierter Betriebswirt,
Willy Brand Journalist, Helmut Schmidt ist Volkswirt, Helmut Kohl
promovierter Historiker.
Angela Merkel wurde 1954 in Hamburg geboren, aber ihr Vater übernahm
dann eine Pfarrei in der damaligen Ostzone. Wer weiß
wie ihr Leben ausgesehen hätte, wenn es eine Pfarrei im Westen
gewesen wäre.
Merkel studierte Physik und promovierte 1986. Bis 1990 war sie
Wissenschaftlerin.
Mit der Wende begann ihre politische Karriere. Sie engagierte sich
bei der neu entstandenen Partei Demokratischer Aufbruch
(DA) und wurde unter dem ersten demokratisch gewählten Ministerpräsident
Lothar de Maizière (CDU) Sprecherin.
Der Demokratische Aufbruch ging dann in der CDU auf und sie kam
in den Deutschen Bundestag. 1991 wurde sie Frauen- und Jugendministerin,
1994-1998 war sie Umweltministerin im Kabinett Kohl. Sie wurde CDU-Generalsekretärin
und folgte Wolfgang Schäuble 2000 im Parteivorsitz. Manche
hatten das Gefühl, dass jetzt mal eine Frau ran darf, um den
Karren aus dem Dreck zu ziehen. Und man sie dann wieder abwählen
werde.
Aber Merkel hatte ein besseres Standing als erwartet. So überließ
sie 2002 dem CSU-Vorsitzenden und (dem dann-doch-nicht Wirtschaftsminister)
Edmund Stoiber die Kanzlerkandidatur, wurde 2002 dann aber noch
Fraktionsvorsitzende.
Parteiinteren Widersachern gelang es nicht sie ohne offenen
Aufstand zu verdrängen und so einigte sich die Union
2005 schneller als von der SPD erhofft auf Angela Merkel als Kanzlerkandidatin.
Möglicherwiese hätte die Union sie nach der eigentlich
nicht gewonnenen Bundestagswahl 2005 abgesägt. Aber Gerhard
Schröders offensives Auftreten in der Berliner Runde zur Bundestagswahl
brachte die Partei wohl eher hinter als gegen sie.
Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD)
Der 65-jährige Sauerländer (liegt in NRW) ist gelernter
Industriekaufmann. Zwischen 1975 und 1992 war er Mitglied des Deutschen
Bundestages (MdB).
In der Zeit vom 1982-1992 lernte er die sogenannten harten
Bänke der Opposition kennen, denn Bundeskanzler war Helmut
Kohl von der CDU. Aus der Erfahrung aus sein Satz Opposition
ist Mist.
Im Bundestagswahlkamp 1998 schuf er die neue SPD-Wahlkampfzentrale
Kampa. Die organisierte für Gerhard Schröder
einen lockeren Wahlkampf durch den Helmut Kohl recht altbacken wirkte.
Münte wurde dafür dann Bundesminister für
Verkehr, Bau- und Wohnungswesen. Allerdings nur kurz, denn durch
den Abgang Oskar Lafontaines rotierten die SPD-Personalkarusselle.
Müntefering wurde SPD-Generalsekretär, 2002 dann Fraktionsvorsitzender
im Bundestag und 2004 kam er ins schönste Amt neben dem
Papst - SPD-Parteivorsitzender.
Allerdings blieb er der nach Willy Brand begonnenen Tradition er
kurzzeitig amtierenden Vorsitzenden treu, nach gut einem Jahr trat
er zurück.
Auch wenn der nicht so wirkt ist er doch recht ausgebufft. Als
es in einer Fernsehrunde zu einer etwas kritischen Frage für
ihn kam, rückte er zufällig ein Glas Wasser zurecht und
fragte ganz unbeteiligt, ob es nun seins oder das des Moderators
sei. Die Ablenkung reichte zum Zeit gewinnen für eine gute
Antwort. Als der Moderator ein paar Sendungen später nachfragte,
ob das den ein Trick gewesen war, gab Münte das
mit einem Lächeln zu.
Franz Müntefering ist auch Vizekanzler der Großen Koalition.
Allerdings ist dieses Amt nicht so bedeutend wie es klingt. Es erinnert
so an US-Vizepräsident, aber offiziell heißt das Amt
Vizekanzler nämlich Stellvertreter des Bundeskanzlers.
Würde der Bundeskanzler überraschend aus dem Amt scheiden
rückt der Vizekanzler nicht nach. Vielmehr müsste der
Bundestag einen neuen Kanzler wählen.
Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU)
kommt aus Freiburg im Breisgau in Baden-Württemberg, genauer
in Baden. Er ist also kein Schwabe. Von seiner Ausbildung her ist
er promovierter Jurist und sitzt seit 1972 im Bundestag.
Schäuble wurde 1984 Bundesminister für besondere Aufgaben
und Chef des Bundeskanzleramtes. Damals steckte die Regierung Kohl
gerade im Stimmungstief und man hoffte, dass Schäuble etwas
Linie in die etwas unkoordiniert daherkommende Politik bringen könnte.
Es schien geklappt zu haben, denn schließlich blieb Kohl noch
15 Jahre im Amt.
Wolfgang Schäuble wurde am 21. April 1989 zum Bundesminister
des Innern. So kam ihm die Rolle zu den Einigungsvertrag mit der
DDR auszuhandeln. Denn am 9.11.1989 war ja die Berliner Mauer gefallen
und die Deutsche Einheit ausgebrochen. Am 3.10.1990 hatte man sie
dann wieder eingefangen und die DDR wurde Teil der Bundesrepublik
Deutschland.
Sein Gegenpart bei den Verhandlungen war Günther Krause. Günther
Krause wurde nach der deutschen Einheit von 1990 bis 1991 Bundesminister
für besondere Aufgaben und von 1991 bis 1993 Verkehrsminister.
Mit Blick auf Müntefering an könnte meinen, dass Verkehrsminister
ein Belohnungsjob ist.
Wolfgang Schäuble wurde im Bundestagswahlkampf 1991 Opfer
eines psychisch kranken Attentäters. Seitdem ist er ist vom
dritten Brustwirbel an abwärts gelähmt und Rollstuhlfahrer.
Im gleichen Jahr wurde der SPD-Kanzlerkandidat Oskar Lafontaine
Opfer einer psychisch kranken Frau, die versuchte ihn niederzustechen.
Lafontaine überstand den Anschlag allerdings ohne körperlichen
Einschränkungen.
Auch Wolfgang Schäuble ist wie sein Kabinettskollege Müntefering
ein ehemaliger Parteivorsitzender. Er wurde 1998 Nachfolger Helmut
Kohls. Infolge der CDU-Parteispendenaffäre musste er sein Amt
2000 dann aber an Angela Merkel abgeben, die damals CDU-Generalsekretärin
war.
Wolfgang Schäuble war Helmut Kohls Kronprinz und man kann
spekulieren, dass die Union vielleicht 1998 die Kanzlerschaft hätte
behalten können, wenn anstelle Kohl Schäuble angetreten
wäre. Aber der Alte wollte es wohl nochmal wissen
und beförderte so aber die Wechselstimmung zugunsten Schröders.
Wolfgang Schäubles Bruder Thomas Schäuble war in Baden-Württemberg
1991 Verkehrsminister, 1992 Justizminister und von 1996 bis 2004
Innenminister.

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