Die Concorde
Eines der exklusivsten Verkehrsmittel war bis vor kurzem die Concorde. Das einzige Linienflugzeug das seine Passagiere mit Überschallgeschwindigkeit beförderte.
Eines der berühmtesten Flugzeuge der Welt ist die Concorde. Im Gegensatz zu vielen Meldungen handelt es sich dabei aber nicht um das einzige Passagierflugzeug mit Überschallgeschwindigkeit, es ist nur das bekannteste.
Etwas früher als die Concorde hob die russische Tupolew Tu-144 ab (Jungfernflug am 31. Dezember 1968) und erreichte auch früher schon Mach 2. Aber der wirtschaftliche Misserfolg gönnten dem schnellen Flieger nur eine Einsatzdauer von weniger als einem Jahr. In diesen Monaten wurden lediglich 102 Linienflüge absolviert. Daher geriet sie in der Geschichte der zivilen Luftfahrt leider in Vergessenheit.
Ende der fünfziger Jahre fassten sowohl die Bristol Aircraft
Ltd. in Großbritannien und die Sud-Aviation in Frankreich
unabhängig voneinander den Entwurf eines überschauschnellen
Verkehrsflugzeuges ins Auge. In beide Unternehmen gelangte man zu
dem Schluss, dass solch ein Flugzeug zwar technisch realisierbar,
die Entwicklungskosten jedoch für jedes Einzelunternehmen und
- wie sich dann zeigte - auch fürs jeweilige nationale Budget
zu hoch gewesen wären.
Da aber Marktanalysen einen gewissen Bedarf erkennen ließen,
beschloss man, das Ganze als Gemeinschaftsprojekt anzugehen. Die
entsprechenden Verträge wurden am 29. November 1962 unterzeichnet.
Die britische und französische Regierung vereinbarten die Übernahme der Entwicklungskosten. BAC und Rolls Royce sowie Sud-Aviation und die Societe Nationale d'Etude et de Construction de Moteurs d'Aviation (SNECMA) schlossen Verträge über den gemeinsamen Entwurf und die Konstruktion eines "supersonic"-Verkehrsflugzeugs ab.
Um den Stolz auf die Zusammenarbeit der beiden nationen auszudrücken
taufte man das Flugzeug "Concorde" (auf deutsch "Eintracht")
Zunächst galt es, die Höchstgeschwindigkeit zu bestimmen.
Bei einer Reisefluggeschwindigkeit zwischen Mach 2,5 und Mach 3,0
war an einzelnen Stellen der Concorde eine Reibungshitze zu erwarten,
der eine Zelle aus üblichem Leichtmetall nicht widerstehen
konnte. Die Verwendung solch hochwertiger Materialien in großem
Maßstab für eine Mach 2,5 bis Mach 3,0 schnelle Concorde
hätte die Zelle unverhältnismäßig verteuert,
daher wurde die Geschwindigkeit der Concorde auf Mach 2,2 begrenzt.
Die Franzosen waren für die Tragflächen, Flügelklappen, hintere Kabinensektion, Klimaanlage, Hydraulik, Funk- und Navigationssysteme sowie die Flugsteuerung zuständig.
BAC konstruierte die drei vorderen Rumpfabschnitte, Hinterrumpf,
Seitenleitwerk, Triebwerkzellen einschließlich Luftführung,
Triebwerkeinbau, Feuerwarn- und Löschsystem, Bordstromversorgung,
Kraftstoff- und Sauerstoffanlage sowie Geräusch- und Wärmedämmung.
Die Konstruktion der ersten Prototypen begann im Februar 1965. Aerospatiale
baute die Concorde 001 in Toulouse und BAC die 002 in Filton, Bristol.
Der Erstflug der französischen Moddells 001 (F-WTSS) fand am 02.03.1969 statt, und die britische Maschine 002 (G-BSST) folgte am 09.04.1969.Erst am 02.06.1972 startete 002 zu einer Verkaufstour in den mittleren und fernen Osten bis Japan und Australien. Trotz der Probleme, die mit einem SST (super-sonic transport) verbunden sind - Triebwerklärm, Überschallknall, Treibstoffverbrauch und Betriebskosten - , war großes Interesse an diesem Muster vorhanden.
70 Flugzeuge konnten in die Auftragsbücher eingetragen werden.
Das ließ auf einen solider Geschäftserfolg hoffen.
Unter den Bestellern waren illustre Namen wwie Air Canada, Air France,
American Airlines, BOAC, Eastern Air Lines, Japan Air Lines, Lufthansa,
PAN AM, Qantas, Sabena, TWA und United Airlines.
War die Concorde erst einmal bei diesen Gesellschaften im planmäßigen
Flugdienst, sollte der Erfolg eigentlich garantiert sein.
Gleichzeitig wurde auch die Öffentlichkeit mmit dem typischen
Erscheinungsbild des Flugzeuges vertraut gemacht.
Das riesige Deltatragwerk, der langgestreckten Rumpf (größter
Innendurchmesser 2.63 m.), das Leitwerk, das lediglich aus der Seitenflosse
mit Rudern besteht, und natürlich die charakteristische Nase.
Die Deltatragfläche bedingen einen recht hohen Anstellwinkel
beim Flug mit niedrigen Unterschallgeschwindigkeiten. Um die dadurch
erheblich eingeschränkte Bodensicht der Flugzeugführer
beim Start, in der Anfangssteigphase sowie beim Lande- und Endanflug
zu kompensieren wurde eine ganz besondere Lösung gefunden:
ein im Flug absenkbarer Bug und eine hydraulisch aus der Frontscheibe
aufrichtbares Periskop.
Der Bug der Concorde ist einer Temperatur von rund 150°C und
die Flügelvorderkante 130°C ausgesetzt. Die übrigen
Flächen erhitzen sich auf unter 125°C. Durch einen weißen
Farbanstrich lässt sich interessanterweise in manchen Bereichen
die Temperatur um mehr als 10°C senken.
Damit die Maschine beim Start nicht auf dem Boden aufsetzt, wurde
ein teleskopartiges Fahrwerk mit langen Beinen konstruiert, die
erst eingeklappt im Rumpf Platz finden.
Die Reifen sind aufgrund der plötzlichen Beschleunigung bei
einer Startgeschwindigkeit von 400 Stundenkilometer extremen Belastungen
ausgesetzt. Nach 30 Landungen muss daher ein Reifenwechsel vorgenommen
werden.
Maximal finden 144 Passagiere in Vierersitzreihen Platz. Den Antrieb
liefern vier speziell für die Concorde entwickelte Rolls Royce/SNECMA
Olympus 593 MK-610 Strahltriebwerke.
Den größten Teil der 119.787 Liter Treibstoff, die
die Concorde mitführt, wird von Tragflächentanks aufgenommen,
daneben gibt es noch vier Rumpftanks. Über die Versorgung der
Triebwerke hinaus erfüllt der Kraftstoff nämlich noch
zwei weitere Aufgaben: die große Treibstoffmenge in den Flächen
fungiert als Kühlblock für die bei längerem Überschallflug
aufgeheizte Deltastruktur, und eine automatische Umverteilung von
Kraftstoff in Zwischentanks sorgt dafür, dass der Schwerpunkt
beim Reiseflug im zulässigen Bereich gehalten wird.
Eine Gruppe von Trimmtanks stellt zudem sicher, dass der Schwerpunkt
des Flugzeugs und das aerodynamische Druckzentrum ständig im
richtigen Verhältnis zueinander stehen, indem Kraftstoff während
der Beschleunigung nach hinten und beim Rückfall in den Überschallgeschwindigkeitsbereich
nach vorn gepumpt wird.
Als die britische und französische Luftfahrtbehörde
der Concorde Ende 1975 die uneingeschränkte Zulassung zur Personenbeförderung
erteilten, hatten die Prototypen, die Vorserienmaschinen und das
erste Serienflugzeug insgesamt 5.335 Test- und Erprobungsflugstunden
absolviert.
Am 21.01.1976 führten Air France und British Airways zeitgleich
das SST im Liniendienst ein.
Zu dieser Zeit hatten die eskalierenden Kosten sowie die Aktivitäten der Umweltbewegung, die Bestelliste auf ganze neun Flugzeuge dieser beiden Gesellschaften schmelzen lassen.
Selbbst der erfolgreiche Betrieb der Concorde bei Air France und British Airways Nachbestellungen führte nicht zu Nachbestellungen. Ein wesentlicher Faktor für das Ausbleiben der Käufer war die nicht vorhersehbare Preisexplosion des Erdöls.
Für ihren schnellen Flug benötigt die Concorde sehr viel Treibstoff, viermal soviel Kerosin wie ein normaler Jet. Um diese riesige Menge unterzubringen, wurden Kerosintanks in den gesamten Flügelflächen und im Rumpf angebracht. Ein kompliziertes Treibstoffverteilungssystem sorgt dafür, dass die optimalen Flugeigenschaften der Maschine nicht beeinträchtigt werden.
Ein wirtschaftlicher Erfolg war die Concorde nicht. Der Charterpreis
betrug pro Flugstunde satte DM 60.000.
Die ursprünglich geplanten rund 200 Maschinen wurden nicht
gebaut. Nur British Airways und Air France besitzen eine kleine
Flotte: vier Maschinen bei Air France und sieben bei British Airways.
Die Concorde hatte für viele Fluggesellschaften zu viele Nachteile: der hohe Verbrauch grenzte die Reichweite ein, zu einem Sprung über den Pazifik reicht es beispielsweise nicht. Viele Länder verweigerten darüber hinaus die Überfluggenehmigung mit Überschall. So pendelt die Concorde nur über den Atlantik: Von Paris bzw. London nach Washington oder New York.
Dies ist sicher ein Grund für die geringe Nutzung: seit 1976
gab es nur rund 80.000 Flugzyklen.
Die Lebensdauer einer Concorde beträgt 24.000 Zyklen bzw. 45.000
Flugstunden. Die Maschinen von British Airways waren rechnerisch
nur 2,3 Stunden pro Tag in der Luft.
Das eigentlich verblüffende der Concorde ist ihre Langlebigkeit. Seit dem Premierenflug nach Bahrain haben die sieben BA-Concorde bis 1999 über 45.000 Flüge absolviert, waren sie gut 127.000 Stunden in der Luft - davon über 100.000 mit Überschall - und haben weit über 205 Millionen Kilometer zurückgelegt. Das sind über 4.000 Erdumrundungen.
Die Pünktlichkeitsrate aller Concorde-Flüge lag zuletzt bei 94 Prozent. Bei den fünf im Einsatz befindlichen Concorde der Air France sind es sogar 95.5 Prozent.Der Traum vom Fliegen schneller als der Schall wurde nach dem tragischen Unfall von Paris, bei dem am 25. Juli 2000 alle Passagiere und die Besatzung ums Leben kamen, unterbrochen.
Die Concorde durfte sich erst einmal nicht mehr in die Luft erheben. Erst ein Jahr nach dem Absturz genehmigten die französische und britische Luftfahrtbehörden wieder Flüge des Überschalljets.Aufgrund ausbleibender Passagiere und neuer Sicherheitsmängel haben Air France und British Airways jedoch am 10. April 2003 erklärt, dass der Linienflugbetrieb mit der Concorde zum 31. Mai eingestellt wird, bis zum 31. Oktober soll es noch vereinzelte Flüge geben.
Die Concorde-Geschichte
5.11.1956:
In Großbritannien wird das Supersonic Transport Aircraft Committee
(STAC) gegründet. Es soll Möglichkeiten für den Bau
eines Überschall-Flugzeugs ausloten.
29.11.1962:
Die Regierungen Frankreichs und Großbritanniens unterzeichnen
einen Vertrag über Entwicklung und Bau eines Überschallflugzeugs.
13.1.1963:
Der französische Staatspräsident Charles de Gaulle benutzt
in einer Rede das Wort "Concorde" im Bezug auf das anglo-französische
Überschallflugzeug-Projekt.
2.3.1969:
Die Concorde hebt in Toulouse zum ersten Testflug ab. Nach einer
knappen halben Stunde landet das Flugzeug unversehrt.
1.10.1969:
Die Concorde überschreitet auf ihrem 45. Testflug zum ersten
Mal die Schallgeschwindigkeit.
4.11.1970:
Zum ersten Mal wird doppelte Schallgeschwindigkeit erreicht.
21.1.1976:
Die Concorde wird im Liniendienst eingesetzt. British Airways fliegt
zunächst von London nach Bahrain, Air France nach Rio de Janeiro.
Die Verbindung nach New York wird im November 1977 eröffnet
und schließlich aus Kostengründen als einzige bis zuletzt
betrieben.
07.02.1996
An diesem Tag wird ein Geschwindigkeitsrekord vom John. F. Kennedy-Flughafen
in New-York [NY JFK] nach London Heathrow aufgestellt: die Concorde
schaffte diese Strecke in 2 Stunden, 52 Minuten und 59 Sekunden.
25.7.2000:
Eine Concorde der Air France verunglückt kurz nach dem Start
vom Pariser Flughafen Charles de Gaulle (Roissy). 113 Menschen kommen
ums Leben, darunter 97 Deutsche.
9.8.2000:
Das Magazin "New Scientist" berichtet, bei einem von BA
in Auftrag gegebenen Test im Jahr 1998 seien 55 "schwerwiegende
Risiken" an der Concorde festgestellt worden.
16.8.2000:
Die britische und die französische Luftfahrtbehörde verhängen
bis auf weiteres ein Flugverbot für die Überschallmaschinen
und entziehen ihnen die Zulassung.
5.9.2001:
Die Luftfahrtbehörden erteilen der Concorde wieder die Flugerlaubnis,
aber nur für verbesserte Maschinen.
30.10.2001:
Der letzte Test der Concorde vor der Wiederaufnahme der Flugverbindungen
wird erfolgreich beendet. Eine in New York gestartete Maschine der
Air France landet wieder in Paris.
10.4.2003:
British Airways und Air France kündigen an, die Concorde aus
Kostengründen auszumustern.