Turnvater jahn
Kurz vor Olympia noch eine kleine Erinnerung an unseren großen Vorturner.
Friedrich Ludwig Jahn (* 11. August 1778 in Lanz (heute Brandenburg), 15. Oktober 1852 in Freyburg/Unstrut (heute Sachsen-Anhalt))
Der Pfarrersohn wird zuerst vom eigenen Vater unterrichtet, später besucht er erst besucht er das Gymnasium Salzwedel, ab 1794 dann das Gymnasium zum Grauen Kloster, Berlin. Abschluss macht er keinen. Zum fleißigen Schüler fehlt ihm das Sitzfleisch und er bekommt regelmäßig den "Fingerkrampf"
Unter falschen Angaben schreibt er sich an den Universitäten Halle (1796) zum Theologiestudium ein, das ging damals noch ohne Reifeprüfung. Die folgenden 7 Jahre verbringt er an verschiedenen Universitäten die er wegen schlechter Führung und nicht vorhandenem Abitur verlassen muss.
Jahn nimmt eine Stelle als Hauslehrer an - damals ging so was noch - und befasst sich mit deutscher Sprache und Geschichte. Er tritt für die Reinheit der deutschen Sprache ein verfasst die Schrift "Patriotismus in Preußen".
1807 trifft er Johann Christoph Friedrich Gutsmuths in Schnepfenthal, dem er Impulse für das Turnen in Deutschland verdankt. Während des Krieges (Schlacht bei Jena und Auerstedt) dient er als Kurier im Regierungsauftrag. Als Freiwilliger hatte er allerdings einige Probleme mit der Kriegsrealität. Der Legende nach färbte sich sein Haar beim ANblick der Toten sein Haar schlagartig grau.
1810 wird er an der Plamannschen Erziehungsanstalt in Berlin tätig und verfasst sein erstes Hauptwerk "Das Deutsche Volkstum". Darin unternimmt er schroffe Angriffe auf die "Ausländerei" und "Verwelschung" seiner Zeit.
Zitat:
"Die Kleinstaaterei verhindert Deutschlands Größe auf dem Erdenrund. Wer seinen Kindern die französische Sprache lehren lässt, ist ein Irrender, wer darin beharrt, sündigt gegen den heiligen Geist. Wenn er aber seinen Töchtern französisch lehren lässt, ist das ebenso gut, als wenn er ihnen Hurerei lehren lässt. Polen, Franzosen, Pfaffen, Junker und Juden sind Deutschlands Unglück."
Stramme Haltung, oder?
Mit seinen Schülern unternimmt er ausgedehnte Wanderungen. Das entwickelt sich zum regelmäßigen Turnen. Im Juni 1811 wird der erste Turnplatz Deutschlands in Berlin eröffnet. Hier findet man die Geräte die Gutsmuth vorgeschlagen hat. Die Übungsabläufe richten sich auch nach Gutsmuths Ideen. Unter "Turnen" verstand Jahn allerdings die Gesamtheit aller Leibesübungen, also auch Gerätübungen, Spiele, Schwimmen, Fechten und Wandern. Es kam im Großen und Ganzen einer paramilitärischen Ausbildung ziemlich nahe.
Jahn geht noch weiter. Bei ihm dient das das Turnen zur patriotischen Erziehung, zur Vorbereitung auf den Befreiungskrieg. Jahn wollte die Jugend für den Kampf gegen Frankreich trainieren.
Er vertrat Idee eines künftigen deutschen Reiches unter preußischer Führung und die Teilnahme der einzelnen Staatsbürger am Wohl und Weh des Ganzen. Auch das Turnen ordnet er politischen Gesichtspunkten unter.
Nach der Niederlage Napoleons 1813 (Völkerschlacht bei Leipzig ) wurde die Voraussetwzung für die nationale Befreiung Deutschlands geschaffen. Besondere Verdienste hierbei hatte das Lützower Freikorps, dem Jahn mit seinen Turnern beigetreten war.
Im selben Jahr nimmt Jahn wieder den zwischenzeitlich von Vertretern geleiteten Turnbetrieb wieder in die eigene Hand. Er hilft bei der Ausbreitung des Turnens wo es ihm möglich war: er schickte Vorturner und besuchte auf seinen Turnfahrten selbst verschiedene Turnplätze.
Am 12. Juni 1815 wird die Deutsche Burschenschaft in Jena gegründet. Das Buch "Die Deutsche Turnkunst" (mit Ernst Eiselen) erscheint 1816 .
Die Ergebnisse des Wiener Kongresses enttäuschen Jahn. Von den eigentlichen Zielen Jahns wurde nur die Befreiung von Frankreich erfüllt.
Er beginnt 1817 mit einer Vortragsreihe zum Deutschen Volkstum, in dem er die Missstände im preußischen Heer anprangert und die Beschränkung der bürgerlichen Rechte im Staat bedauert. Damit schafft er sich nicht nur Freunde, sondern auch Feinde, z.B. Staatskanzler Hardenberg, der das Turnen unter staatliche Aufsicht an den Schulen übernehmen will.
In engem Bezug zum Turnwesen steht auch die Bewegung der Burschenschaften. Beide Gruppen verfolgten im Grunde die gleichen politischen Ziele.
Am 18./19. Oktober 1817 fand als Höhepunkt der Turnbewegung in Deutschland das Wartburgfestmit einer Bücherverbrennung auf Jahns Initiative statt. Es kommt zur Berliner und Breslauer Turnfehde, worin Kritik gegen das Turnen laut wird, bzw. gegen seine religiös-patriotische Richtung.
1819 untersagte man im Zuge der "Demagogenverfolgung" (Karlsbader Beschlüsse 31. August) Jahn die Wiederaufnahme des Turnens auf der Hasenheide. Die Obrigkeit wollte damit gegen gegen Turner und Burschenschafter vorgehen, die ihr zunehmend suspekt wurden. Außerdem sollten die Turnübungen im Rahmen des Unterrichts stattfinden und der Schulbehörde untergeordnet werden, da war besondere Vorsicht geboten. Die Ermordung des Schriftstellers August von Kotzebue durch den Studenten und Turner Karl Ludwig Sand löste die Turnsperre letztendlich aus.
Jahn wurde am 13. Juli 1819 verhaftet, die Burschenschaften verboten, Universitäten unter Staatsaufsicht gestellt und viele studentische Turner und Burschenschafter unter polizeiliche Aufsicht gestellt.
Somit war offiziell in Preußen 1820 das Turnen eingestellt, allerdings wurde im Geheimen weitergeturnt. Am 13. Januar 1824 wurde Jahn zu 2 Jahren Festungshaft verurteilt und am 15. März 1825 unter der Bedingung, in keiner Universitäts- oder Gymnasialstadt zu wohnen, freigesprochen. 1825 bis 1852 lebte er unter Polizeiaufsicht in Freyburg an der Unstrut (heute in Sachsen-Anhalt).
Im Laufe der Jahre wurden die Bestimmungen gelockert und Ärzte und Pädagogen unterstützten das Wiederaufleben der Leibesübungen. 1837 werden in den Gymnasien Leibesübungen gestattet.
1840 folgte dann ddie Amnestie und vollkommenene Rehabilitierung durch Friedrich Wilhelm IV., Jahn erhielt sogar das Eiserne Kreuz.
1842 hebt Friedrich Wilhelm IV. den Erlass seines Vaters auf und beendet damit offiziell die Turnsperre; Turnen wird in Preußen zugelassen und Schulfach.
1848 wurde Jahn in die Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche gewählt. Er wendet sich vom patriotischen Turnen ab und engagiert sich für Ruhe und Ordnung.
Er starb am 15. Oktober 1852.