BÜcherverbrennungen

Ein dunkles Kapiztel der Menschheitsgeschichte sind die immer wiedekehrenden Vernichtungen von Werken, die nicht in die gerade geltende Meinung passen.

Vor 72 Jahren, vom 10. Mai bis 21. Juni 1933 brannten in Deutschland die Bücher.

Man merkt, die frisch an die Regierung gekommenen Nationalsozialisten verloren damals keine Zeit:
Am 30. Januar 1933 wurde Adolf Hitler Reichskanzler. Am 27. Februar 1933 brannte der Reichstag, die Reichstagsbrandverordnung vom 28. Februar setzte Grundrechte außer Kraft, am 23. März bringt Hitler das "Ermächtigungsgesetz" durch den Reichstag, am 31. März werden die Länder mit dem Reich gleichgeschaltet, am 1. April wurden jüdische Geschäfte boykottiert und am 2. Mai die Gewerkschaften verboten.

Organisiert wurde die Bücherverbrennung durch den Nationalsozialistischen Studentenbund (NSDStB) und die Deutsche Studentenschaft, dem Dachverband aller Allgemeine Studentenausschüsse (ASTA). Beiden Gruppen war klar, dass unter der NS-Herrschaft am Ende nur ein Studentenverbund übrig bleiben würde, deswegen waren beide besonders eifrig.

Und so verbrannten Studenten, SA, SS und ihre Anhänger auf dem Opernplatz in Berlin und vielen anderen deutschen Universitätsstädten "undeutsche" Bücher.
Verbrannt wurden u.a. Bücher von Vicki Baum, Erich Kästner, Irmgard Keun, Leonhard Frank, Sigmund Freud, Heinrich Mann, Karl Marx, Carl von Ossietzky, Erich Maria Remarque, Colin Ross, B. Traven und Kurt Tucholsky.

Erich Kästner war unerkannt in der Menschenmenge auf dem Opernplatz in Berlin.

"Ich stand vor der Universität, eingekeilt zwischen Studenten in SA Uniform, den Blüten der Nation, sah unsere Bücher in die zuckenden Flammen fliegen und hörte die schmalzigen Tiraden des kleinen abgefeimten Lügners. Begräbniswetter hing über der Stadt."

Erich Kästner
Nachträglich forderte Oskar Maria Graf seine Bücher zu verbrennen, denn er stellte fest, dass die Nazis seine Bücher empfohlen. Er veröffentlichte deswegen den Aufruf "Verbrennt mich!" 1933 in der "Wiener Arbeiterzeitung". 1934 wurden seine Bücher auch verboten.

Wie wir wissen, sollte sich das Heinrich Heine-Zitat: "Dort wo man Bücher verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen" sich bis 1945 unvorstellbar grausam erfüllen.
Genaugenommen hat es Heinrich Heine den Satz nicht gesagt sondern die Figur Hassan in der von ihm geschrieben Tragödie "Almansor" von 1820 hat es gesagt. Schließlich wird auch nicht Shakespeare das Zitat "Sein oder nicht sein." zugeschrieben sonder seiner Figur Hamlet. Bücherverbrennungen waren schon immer beliebte Mittel bei Machthabern und religiösen Gruppen, um unliebsame Schriften zu vernichten und um Symbole zu setzen.

213 v. Chr. wurden unter Chinas erstem Kaiser Qin Shi Huangdi historische Aufzeichnungen und philosophische Streitgespräche verbrannt. Wobei die Unterlagen des Palastes aufbewahrt wurden. Es wurde also nicht alles vernichtet. Vermutlich war aber der Brand der Staatsbibliothek im Jahre 206 v. Chr. einer üblerer Verlust.

Im Jahr 325 wurden auf dem Konzil von Nizäa nach einem Machtwort des Kaisers Konstantin I. arianische Schriften als häretisch verbrannt und die arianischen Geistlichen verbannt.
Girolamo Savonarola lebte von 1452 bis 1498, war Dominikanermönch und predigte gegen Sittenverfall und die Verderbtheit der Kirche. Er wandte sich gegen Armut und Unterdrückung, was ihm jede Menge Zulauf brachte. Es gelang ihm 1492 die Herrscherfamilie der Medici zu vertreiben. 1494 wählte das Volk Savonarola zum Oberhaupt gewählt und er eine theokratische Republik. 1497 veranstaltete er ein "Freudenfeuer der Eitelkeiten" in dem pornographische Schriften, obszöne Bilder, heidnische Bücher, Glücksspiele, Kosmetik, Werke des Ovid verbrannt wurden. Wegen

Savonarolas Predigten zerstörte der Maler Botticelli viele seiner Gemälde. 1498 stürzten die Bürger Florenz' ihren Anführer und übergaben ihn der Inquisition, die ihn zum Tode durch Hängen und Verbrennen verurteilte.

1520 ließ Martin Luther die päpstliche Bannandrohungsbulle aber auch kanonischen Rechtsbücher verbrennen.

1521 erlässt der katholische Kaiser Karl V. wiederum das Mandat zur Verbrennung der Schriften Martin Luthers.

Am 23. Februar 1534 gewinnt die Täuferpartei bei den Ratswahlen in Münster. Am 24. Februar 1534 zerstörten "Wiedertäufer" in Münster Kirchen, Bibliotheken und Archive. Sie wollten leben wie die rüh-apostolischen Gemeinden und errichteten das "Tausendjährige Gottesreich" der Wiedertäufer. Aber wie das mit angekündigten tausendjährigen Reichen so ist , sie halten nicht lange: Am 27. Februar beginnt der Bischof Graf Franz von Waldeck mit der Belagerung Münsters. Die Stadt fällt am 24. Juni 1535.

1658 endet die Militärdiktatur des Lordprotektors Oliver Cromwell in England. Die Schriften seines Sekretärs John Milton, die das puritanisch-englische Sendungsbewusstsein begründeten werden 1660 mit Amtantritt des neues Königs verbrannnt. Der blinde Milton kommt in Haft, wird aber wieder entlassen und widmet sich seinem dichterischem Werk. Von ihm stammt das religiöse Epos "Paradise Lost".

Auf dem ersten Wartburgfest 1817 demonstrierten deutsche Studenten gegen reaktionären Kräfte in den wieder entstandenen deutschen Kleinstaaten und für einen Nationalstaat mit einer freiheitlichen Verfassung. Dabei wurden verschiedenen Bücher darunter ein "Code Napoleon" und Bücher des Dichters August von Kotzebue verbrannt.

Im Iran werden 1989 Salman Rushdies "Satanische Verse" verbrannt. Der damalige iranische Religionsführer Ayatollah Khomeini entschied in einer "Fatwa" (was Gutachten und nicht Todesurteil bedeutet), dass Salman Rushdi den Tod verdient habe. 1998 nahm der iranische Präsident Chatami die "Fatwa" offiziell zurück.

1999 , während der NATO-Angriffe auf Serbien, wurden Werke serbischer Autoren aus kroatischen Bibliotheken entfernt und auf die Mülldeponie gebracht .

Im März 2001 werden auf einem Gottesdienst der amerikanischen christlichen "Harvest Assembly of God" Schallplatten von Foreigner, AC/DC, Bruce Springsteen, Bücher, Videos (Harry Potter, Pinocchio und Herkules) verbrannt.

 

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