Heinrich Harrer

"Mit großer Ruhe seine letzte Expedition angetreten"

 

Heinrich Harrer wurde am 6. Juli 1912 geboren.

Harrer wurde einer breiten Öffentlichkeit (erneut) bekannt, weil er die Person war, die Brat Pitt 1996 im Film "Sieben Jahre in Tibet" darstellte. Aber er hatte vorher schon einiges zustande gebracht.

1936 fuhr Harrer in der Abfahrt und im Slalom der Olympischen Spielen mit. Er war damals Sport- und Geographiestudent in Graz, Skilehrer und Studentenweltmeister im Abfahrtslauf.

Heinrich Harrer wurde Bergsteigerkreisen dann 1938 eine Legende, denn war einer von vier Bergsteigern, die erstmals vom 21. bis 24. Juli die Schweizer Eiger-Nordwand im Berner Oberland (wegen ihrer Gefährlichkeit auch "Mordwand" genannt) bezwangen.

Er war der letzte Überlebende der Seilschaft aus Andreas Heckmair, Fritz Kasparek und Ludwig Vörg. Vörg fiel 1941 in Russland, Kasparek verunglückte 1954 am Salcantay in den peruanischen Anden und Heckmair starb im Februar 2005 mit 98 Jahren.

Die Besteigung der Eiger-Nordwand wurde von den Nationalsozialisten natürlich für die Propaganda genutzt. Denn kurz zuvor war Österreich ans Deutsche Reich "angeschlossen" worden und somit war das eine der ersten großdeutschen "Heldentaten". Denn Heckmair und Vörg kamen aus Bayern, Harrer und Kasparek aus Österreich.

Die Geschichte der Eiger-Nordwand-Bezwingung hatte Harrer in seinem Buch "Die weiße Spinne" aufgeschrieben. Der Buchtitel kommt von der "weißen Spinne" einem Firnfeld mit hundert Meter langen "Beinen".

1938 heiratete Heinrich Harrer Lotte Wegener. Sie war die Tochter des 1930 verstorbenen Forschers Alfred Wegener. Alfred Wegener war zu Lebzeiten ein anerkannter Meteorologe, Polar- und Geowissenschaftler. Allerdings hatte er seinen Ruf mit der absurden Theorie der "Kontinentalverschiebung" aufs Spiel gesetzt. Denn diese inzwischen als gültig und richtig erkannte Theorie war damals sehr umstritten.

1939 startete kurz vor dem Zweiten Weltkrieg eine deutsche Nanga-Parbat-Expedition mit Heinrich Harrer in den Himalaya.

Das Ziel, den Nanga Parbat erreichten sie nicht, aber sie entdeckten eine neue Aufstiegsroute durch die Diamir-Wand.

Dann brach im September der Krieg aus und die Expedition wurde auf ihrer Rückkehr 1940 in der britischen Kolonie Indien festgenommen und in Karatschi interniert.

Harrer lernte in der Gefangenschaft Hindostani, Tibetisch und Japanisch, versuchte viermal aus dem Lager auszubrechen.

Beim fünften Mal, am 29. April 1944, hatte er Erfolg. Heinrich Harrer und sein Expeditionsleiter Peter Aufschnaiter flohen. Aber die Flucht war kein Zuckerschlecken. Sie dauerte 21 Monate und ging über 50 Pässe in 5000 Meter Höhe. Am Ende hatten sie 2000 Kilometer zurückgelegt.

Innerhalb von fast zwei Jahren schlugen sie sich nach Tibet und die Hauptstadt Lhasa durch.

In Lhasa hatte der erst elf Jahre alte Dalai Lama von Briten einen Fotoapparat bekommen. Allerdings konnte keiner der Tibeter mit der kleinen Maschine umgehen. Was die Chance für die beiden Deutschen wurde, die gerade in Lhasa ankamen.

Der Krieg war vorbei als 1946 Harrer Berater und Lehrer des jugendlichen Dalai Lama wurde und bis 1951 blieb. Peter Aufschnaiter, ein Agrarwissenschaftler und Kartograph, wurde Berater der tibetischen Regierung. Nachdem China 1950 in Tibet einmarschiert war, floh Harrer aus Lhasa und kehrte 1951 nach Österreich zurück.

Peter Aufschnaiter blieb bis 1952 in Tibet. Er arbeitete dann als Kartograf in Nepal und für die indische Armee in Neu-Delhi. Ab 1956 arbeitete er bei der FAO. Peter Aufschnaiter starb am 12. Oktober 1973 im Alter von 73 Jahren in Innsbruck.

Die Freundschaft zwischen Heinrich Harrer und dem Dalai Lama hielt sein Leben lang. Zum letzten Mal trafen sich die beiden Freunde Mitte 2005 bei der Verleihung des hessischen Friedenspreises an den Dalai Lama in Wiesbaden.

Heinrich Harrers Reiseerinnerung „Sieben Jahre in Tibet“ verkaufte sich in über 40 Sprachen mehr als 4 Millionen mal.

Nach seiner Rückkehr aus Tibet, bereiste Harrer im Rahmen vieler Expeditionen entlegene Winkel und Länder dieser Welt, schrieb Bücher und drehte Dokumentarfilme. Wgen seiner Nazi-vergangeheit wurde er sogar von einem ehemaligen Mitschüler erpresst.

Heinrich Harrer blieb auch nach seiner Rückkehr vom Dach der Welt ein Reisender so besuchte er in den Folgejahren die Andamanen, die Anden, den Amazonas (1953 Erstbesteigung des Ausangate), Alaska (1955 drei Erstbesteigungen), Australien, Borneo (Besteigung des Mount Kinabalu - was aber nicht wirklich schwierig ist, denn der Berg wird inzwischen jählich von zig japanischen Touristen "bezwungen"), Bhutan, Französisch-Guyana, Grönland, den Kongo (1957 bestieg er den 5109 Meter hohen Ruwenzori), Neuguinea, Nepal, den Sudan und Tansania. 1962 bestieg er zusammen mit Albert Huizenga, Russel Kippax und Philip Temple die 4.884 Meter hohe "Carstensz-Pyramide" in West-Papua auf der Insel Neuguinea.

Die Carstensz-Pyramide ist ein nach dem niederländischen Entdecker Jan Carstensz benannter Berg.

Harrer letzte Expedition führte ihn 1991 nach Ladakh, einen Distrikt Indiens zwischen Himalaya und Karakorum.

Mit dem Jean-Jacques Arnaud-Film "Sieben Jahre in Tibet" kam Heinrich Harrers Vergangenheit in Nazi-Deutschland in den Blickpunkt. So war er damals NSDAP- und SS-Mitglied. Später sah er darin einen dummen Fehler und ideologischen Irrtum. Nach der Besteigung der Eiger-Nordwand wurde er damals von Hitler empfangen und die SS hatte ihm eine Mitgliedschaft angeboten. Er nahm an, u.a. hatte er auch gehofft dadurch als Sport- und Turnlehrer arbeiten zu können. Allerdings kam es vorher zu der inzwischen legendären Himalaya-Expedition.

Der inzwischen verstorbene Simon Wiesenthal, Leiter des NS-Dokumentationszentrums in Wien erklärte, dass Harrer niemals an NS-Verbrechen beteiligt gewesen sei.

Heinrich Harrer drehte um die 40 Dokumentarfilme und schrieb 20 Bücher.

Heinrich Harrer starb am 7. Januar 2006 im Spital in Friesach im österreichischen Bundesland Kärnten. "Er hat mit großer Ruhe seine letzte Expedition angetreten", so seine Familie.

 


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