Neozoen - Völkerwanderung im Tierreich

 

Neozoen sind Tierarten, die seit 1492, also seit der Entdeckung Amerikas durch gewollte oder ungewollte Mithilfe des Menschen in ein anderes Gebiet gelangt sind (Neo = neu, zoon = Tierart). Hier geht es jetzt vor allem um Neozoen in Deutschland, aber auch um Kurioses von anderswo.

In Deutschland sind über 1100 Neozoen nachgewiesen.

Einer der erfolgreichsten unter den Neozoen, den auch jeder als nicht-deutsches Tier identifiziert, ist der Waschbär: 1934 wurde ein Pärchen aus einer Pelztier-Zuchtfarm "zur Bereicherung der heimischen Fauna" freigelassen. Inzwischen leben in Deutschland weit über 100.000 der Tiere, in Kassel kommt auf einen Häuserblock ein Waschbär.

Ob man es jetzt glaubt oder nicht: auch das allseits bekannte Wildkaninchen wurde eingeschleppt, wenn auch schon um 1300! Ist also eigentlich kein echtes Neozoon.

Es stammt aus Spanien. Und dieses Land verdankt den Langohren sogar seinen Namen! Als die Phönizier nach Spanien kamen, fiel ihnen sofort auf, dass es dort erstaunlich viele Kaninchen gab. Sie kannten diese Tiere noch nicht, stellten aber die Ähnlichkeit zu den ihnen bekannten Klippschliefern fest, und so nannten sie das Land "Ishapan", was so viel bedeutet wie "Land der Klippschliefer". Nach und nach wurde es dann zu "Espana". Spanien ist also das "Kaninchenland"!

Das Kaninchen ist so widerstandsfähig, dass es inzwischen überall auf der Welt vorkommt.

Deutschlands häufigste Nacktschnecke, die spanische Wegschnecke, kam über Gemüsetransporte nach Mitteleuropa. In Spanien hatte sie viel Fressfeinde, und war selten, hier in Deutschland hat sie sich zu einer echten Gefahr für Kleingärtner entwickelt.

Der Fasan wurde zu Jagdzwecken ausgewildert Ursprünglich stammt er aus dem Kaukasus.

Mit Wein aus den USA wurde um 1860 die Reblaus eingeführt und zerstörte in 20 Jahren 20% der Weinbaufläche Frankreichs.

Auch der Kartoffelkäfer ist kein deutsches Tier. Seine Heimat ist Nordamerika. In den 70er Jahren des 19. Jh. gelangte er das 1. Mal nach Europa und auch Deutschland. Mit großem Aufwand konnte diese Invasion gestoppt werden. Die 2. Eroberung der Alten Welt war erfolgreicher: Seit 1922 breitet sich der Kartoffelkäfer von Frankreich nach Osten aus. 1938/39 hat er den Rhein überschritten, 1945 die Elbe und 1950 die Oder. Heute reicht sein Vorkommen bis an den Ural.

Der Ochsenfrosch wurde wegen seiner riesigen und deswegen billigen Schenkel nach Frankreich eingeführt. Allerdings hat der Ochsenfrosch nicht nur riesige Schenkel, sondern ist auch sonst nicht der kleinste und kann deshalb nur von großen Schildkröten und Wasserschlangen gefressen werden. Er verbreitet er sich in Deutschland, wo er aus Gartenteichen entwichen ist, so schnell, dass er zu einer echten Bedrohung für heimische Frösche entwickelt hat.

Aber in Deutschland gibt es auch ganz andere wildlebende Tiere:

In Blüchersruh in Schlesien pflanzten sich Bennet-Kängurus in Freiheit fort. Irgendwann brach eine Herde Bennet-Kängurus aus einem Zoo aus, und die Tiere hielten sich scheinbar prächtig. 1910 gab es dort 60 bis 70 Tiere. 1980 wurde das letzte geschossen.

Die ca. 2 mm langen Pharaoameise, die auch eingeschleppt wurde, hat sich zwar nicht zu einer Bedrohung für andere Arten, aber zu einer Bedrohung für Krankenhäuser und EDV-Anlagen entwickelt. Die Pharaoameisen kommen nämlich aus den Tropen und ihnen ist es hier in Deutschland eigentlich viel zu kalt.

Schlau wie die Viecher sind, bauen sie ihre Nester dort, wo es warm ist - vor allem in Boilern, aber seit neustem auch in EDV-Anlagen (Also wenn mal wieder Ameisen auf dem Bildschirm kämpfen, könnte das echt sein ;-) ).

Aber damit noch nicht genug - die Lieblingsspeise der Ameisen sind tierische Proteine. Allerdings liegt in Deutschland nicht besonders viel Aas rum...

Deshalb fühlen sie sich besonders in Krankenhäusern wohl, denn dort ist es erstens warm, und zweitens finden sie genügend Nahrung, denn sie fressen auch gebrauchtes Verbandsmaterial. Da sie Keime verschleppen sind sie als Krankheitsüberträger sehr gefürchtet.

Wie man sich schon denken kann, sind auch Großküchen bei ihnen sehr beliebt.

Halsbandsittiche fühlen sich vor allem im Rheintal wohl; in einigen Großstädten wie Köln, in denen es insbesondere am Rhein immer ziemlich warm ist, gehören sie schon längst zum Straßenbild.

Im Rhein-Ruhr-Gebiet gibt es inzwischen mehr Rotwangenschildkröten als Eidechsen. Angeblich ist diesen Viechern in Badeseen schon ein mancher Kinderfuß zum Opfer gefallen.

Wie kommen die Tiere nach Deutschland?

Da gibt es verschiedene Möglichkeiten: Zum Beispiel werden und wurden immer wieder Tiere aus wirtschaftlichen Gründen eingeführt, so der Fasan zur Jagd und die Bisamratte wegen ihres Pelzes.

Andere Tiere wie der Flamingo oder der Wellensittich sind aus Zoos oder aus privater Haltung entwischt.

Aber ein großer Teil der Tiere, so die berüchtigte Pharaoameise, kam als blinder Passagier mit Schiffen. Seit die Schiffspassagen relativ schnell gehen, überleben Tiere, die an Bord kommen auch.

Außerdem sind große Dampfer mit Ballastwasser vollgepumpt. Das Wasser wird einfach aus dem Meer aufgenommen, und dabei gelangen auch viele Tiere in das Schiff. In dem Zielhafen wird das Ballastwasser dann einfach abgelassen. So gelangen pro Sekunde 69 exotische Tiere in die Bundesrepublik, die aber nicht alle überleben.

In den letzten hundert Jahren etablierte sich alle sieben Monate eine neue Tierart.

So zum Beispiel die chinesische Wollhandkrabbe. Sie kam so erstmals 1912 nach Deutschland. Da die 7,5 cm breiten Wollhandkrabben sich in Salz- und Süßwasser gleich wohl fühlen, machen sich manche mit 12 km/Tag auf in Richtung Quelle, und zerstören dabei Fischernetze, plündern Fischteiche und untergraben sogar Dämme und Uferbauten.

Inzwischen fangen die Flussfischer Deutschlands mehrere Tonnen(!) Wollhandkrabben pro Jahr.

15% der im Rhein lebenden Tiere sind Neozoen.

Neozoen International

US-Ex-Präsident Clinton machte Einwanderer zur Chefsache, als er sah, was für Schäden Wandermuscheln - die in Deutschland ebenfalls vorkommen - anrichten können.

Durch Besiedlung von industriellen und kommunalen Rohrleitungen verursachen sie hohe Reinigungskosten. Die Wasserversorgung Stuttgarts aus dem Bodensee wäre in den 1970er Jahren fast zusammengebrochen!

Wie die Wollhandkrabben zerstören sie Fischernetze und Reusen.

In Holland brüten Flamingos.

Auf der Südseeinsel Guam gibt es keine Vögel mehr! Die Braune Nachtbaumnatter, die nach dem zweiten Weltkrieg als blinder Passagier auf amerikanischen Kriegsschiffen ankam, rottete fast den gesamten Vogelbestand der 541.300 km großen Insel aus. Inzwischen hat Guam mit bis zu 5000 Tieren pro Quadratkilometer die höchste Schlangendichte der Welt. Jetzt versucht man herauszufinden, wie sich die Schlangenpopulation kontrollieren lässt. Damit sich das Drama nicht nicht auf anderen Inseln wiederholt, werden ausgehende Frachtgüter streng kontrolliert und vor Flughäfen und Häfen Schlangenfallen aufgestellt.

In Australien hat sich die giftige Aga-Kröte, die zur Schädlingsbekämpfung eingeführt wurde, inzwischen zu einem gefräßigen Schädling entwickelt. Die Aga-Kröte hat sich gut vermehrt. sie ist ein Allesfresser und verschlingt kleine Nager, Frösche, Eidechsen, Insekten und auch Pflanzen. Mit ihren 25 cm ist sie groß genug, um eine attraktive Mahlzeit für Krokodile abzugeben - dass aber Krokodile nach einer solchen Mahlzeit sofort verenden, gehört zum Jägerlatein.

Aga-Kröten legen bis zu 30.000 Eier.

Und das Kurioseste kommt zum Schluss: Buddhisten kaufen gerne gefangene Tiere, um ihnen die Freiheit und das Glück zu schenken. Allerdings kommen diese Tiere oft aus völlig anderen Gebieten, in denen es Tierseuchen gibt. So verbreiten sie diese Krankheiten dann. Andere Vögel und Fische, die freigesetzt werden, kommen nicht weit, weil z.B. Süßwasserschildkröten oft ins Meer gesetzt werden. Vogelverkäufer bestätigten, dass sie die Vögel, die ihnen eben abgekauft wurden, um sie zu befreien, sofort wieder einfangen, und erneut verkaufen.

 


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