Duma-Wahlen in Russland am 7.12.2003
In Russland wird gewählt. Das war ja nicht immer so selbstverständlich. Und so ganz Problemlso ist es wohl immer noch nicht...
Russland ist der größte Staat der Erde mit ca. 17,1 Mio. Quadratkilometern.
Im Land leben laut der Volkszählung von 2002 143 Millionen Menschen.
Seit 1991 ist Russland eine Präsidialrepublik.
Der russische Präsident wird alle vier Jahre direkt gewählt und hat weitreichende Befugnisse.
Das russische Parlament ist ein Zweikammersystem. Das Oberhaus ist der Föderationsrat. Die Mitglieder des Föderationsrates werden von den regionalen Exekutiven ernannt.
Das Unterhaus bildet die Staatsduma mit 450 Parlamentariern. Davon sind 225 Abgeordnete direkt gewählt und 225 kommen über Parteilisten ins Parlament. Und nach einer Behauptung der Regierung sind 216 Abgeordnete nur deswegen im Parlament, weil sie so Immunität vor Strafverfolgung genießen.
Die Duma hat als wichtigste Zuständigkeit den Staatshaushalt. Zwar muss sie auch den vom Präsidenten vorgeschlagenen Ministerpräsidenten wählen, aber wenn sie das dreimal hintereinander nict macht, dann wird das Parlament aufgelöst und neu gewählt. Und die Minster für Verteidigung., Aussen- und Innenpolitik sind direkt dem Präsidenten unterstellt.
Das Wort "Duma" kommt vom altslawischen "dumati" für "denken".
Duma als russische Bezeichnung für eine beratende Versammlung oder gewählte Volksvertretung hat eine lange Tradition.
Vorläufer der Duma als beratende Versammlung war vor dem 11. Jahrhundert die " Druschina".
Die "Druschina" - vom russischen Wort "drugi" für für "Freunde" bestand im 9. und 10.Jahrhundert noch überwiegend aus Waräger-Schwurgemeinschaften (Das waren Wikinger bzw. Normannen, die aus Schweden stammten und in Osteuropa "siedelten".)
Im Mittelalter war die Druschina das Heergefolge eines russischen Fürsten. Die waren freie und bildeten den Rat des Fürsten.
Aus dern Druschinas ging im 11. Jahrhundert die "Bojarenduma" als Beratergremium hervor. In ihr waren Bischöfe, Stadtälteste, Vertraute des Herrschers, Spitzen der Verwaltung und einflussreicherAdelsfamilien.
Die Rolle der Bojarenduma war nicht geregelt, sie basierte auf der Tradition und blieb bis zum Ende des 17.Jahrhunderts die höchste Verwaltungseinrichtung mit beratender und richterlicher Funktion.
Zar Peter der Große löste die Bojarenduma 1711 auf.
Infolge notwendiger innenpolitischer Reformen wurde 1905 unter dem Zaren Nikolaus II. die "Reichsduma" als russische Volksvertretung geschaffen. Die Ergebnisse ersten beiden Dumawahlen passten dem Zaren nicht, sodass er sein Parlament recht schnell wieder auflöste. So kam es zwischen 1906 und 1907 zu drei Duma-Wahlen.
Die "Staatsduma", die nach dem Ende der Sowjetunion 1991 das rusissche Parlament bilden sollte, wurde am 12.12. 1993 zu ersten Mal gewählt.
Bei der Wahl am 7. Dezember 2003 treten 23 Parteien und Bündnisse an, die eine Fünf-Prozent-Hürde überwinden müssen.
Aktuell ist die stärkste Duma-Fraktion die Partei "Geeintes Russland" geführt vom Innenminister Boris Gryslow und vom Zivilschutzminister Sergej Schoigu. Ihr Programm ist sehr einfach, es heißt Wladimir Putin. "Geeintes Russland" unterstützt nämlich den Präsidenten der Russischen Föderation. Nach den Wahlen 199 kam noch die Gruppe "Vaterland" mit dem Moskauer Bürgermeister Juri Luschkow und dem Ex-Remierminister Jewgeni Primakow dazu.
Durch eine Zusammenarbeit mit unabhängigen Abgeordneten und der Liberal-demokratischen Partei konnte Putin sich im Parlament eine Mehrheit sichern.
Die Partei "Geeintes Russland" führt einen interessanten Wahlkampf, denn sie boykottiert die Fernseh-Debatten. Was aber nicht zu schaden scheint.
Zweitstärkste Duma-Fraktion ist die KPRF, die Kommunistische Partei der Russischen Förderation. Die deutsche Abkürzung ist ähnlich unhandlich wie KPdSU was damals für Kommunistische Partei der Sowjetunion stand.
Die KPRF sammelt traditionalistische national-bolschewistische Kräfte. Sie und ihr Parteichef Gennadi Sjuganow sind für teilweise Rücknahme der Privatisierung und Restauration der Sowjetunion. Die KPRF hat aus ihren Hochzeiten noch 500000 Mitglieder und eine gewisse Stammwählerschaft. Dieser Vorteil ist aber auch ein Nachteil, denn sie kann ihr Programm nicht so beliebig ändern wie andere Parteien.
Von der KPRF abgespalten haben sich die Parteien Partei der Wiedergeburt Russlands (unter Gennadi Selesnjow) sowie Rodina (Vaterland) unter Sergej Glasjew. Er ist einer der wenigen charismatischen Politiker
Die liberale Jabloko-Partei von Grigori Jawlinski ist marktwirtschaftlich orientiert.
Die liberale "Union rechter Kräfte" (SPS) von Boris Nemzow ist mit den so genannten jungen Reformern aus der Zeit von Präsident Boris Jelzin verbündet. Diese liberalen Politiker wollen eine Marktwirtschaft.
Die rechtsextremistische Liberal-demokratische Partei (LDPR) ist unter der Führung des Nationalisten Wladimir Schirinowski. Schirinowski ist bekannt wegen populistischer Sprüche und gelegentlichen Handgreiflichkeiten. Aber er unterstützt auch aber auch Präsident Putin.
Die Verhaftung des Chefs der größten russischen Ölgesellschaft Yukos im November steht aller Wahrscheinlichkeit nach in Zusammenhang mit den Duma-Wahlen. Michail Chodorkowski unterstützte nämlich die liberale Jabloko-Partei und die "Union rechter Kräfte". Und da Chodorkowski als Milliardär (Privatvermögen ca. 6-8 Milliarden Dollar) finanziell unabhängig ist, erschien auch seine Kandidatur zu den Präsidentenwahlen 2004 möglich.
Der russische Wahlkampf ist erstaunlich kreativ: So haben inzwischen sehr viele der 23 Parteien das Wort "einheitlich" im Namen, da sie auf eine Verwechslung mit den Putin-Unterstützern "Geeintes Russland" spekulieren.
Dann heißen zwei Kandidaten in einem Wahlkreis "Kprf". Das ist die Kleinschreibung der KPRF, der Kommunistischen Partei der Russischen Förderation. Das ist möglich, denn in Russland kann man recht leicht seinen Namen ändern. So kandidierte 1995 ein Alexander Lebed. allerdings war das nicht der damals bekannt General, sondern ein selbsternannter Namensvetter.