Reformationstag

Nachdem letzte Woche der Papst dran war, kommt jetzt die Konkurrenz zu Wort.

 

Am 31. Oktober 1517 schlug Dr. Martin Luther 95 Thesen wider den Ablasshandel an die Tür der Schloßkirche zu Wittenberg.

Diese Tür der Schloßkirche heißt seitdem "Thesentür".

Wie kam es eigentlich zu dieser Tat?

Martin Luther wird am 10.11. 1483 in Eisleben geboren. Seine Eltern sind der Bergmann Hans Luther und Margarethe Luther, geborene Ziegler.

Er geht auf die Lateinschule und ab 1497 auf die Schule der "Brüder vom gemeinsamen Leben" in Magdeburg.

1498 zieht er zu Verwandten nach Eisenach und lernt an der städtischen Pfarrschule zu St. Georgen.

1501 beginnt er auf Wunsch seines Vaters an der Universität Erfurt ein Jurastudium.

Nachdem er am 2. Juli 1505 bei Stotternheim nahe Erfurt fast von einem Blitz erschlagen wird, gelobte er der Heiligen Anna, der Schutzpatronin der Bergleute, Mönch zu werden.

1505 beschließt er Mönch zu werden und tritt im Juli dem Bettelorden der Augustiner im Erfurter Kloster bei

1506 legt er das Mönchsgelübde ab und wird 1507 Jahre zum Priester geweiht. Luther beginnt ein Theologiestudium, studiert Scholastik, und setzt sich mit den Ideen der Humanisten auseinander.

Im März 1509 schließt er das Studium mit dem Bakkalaureat ab. (Der Bachelor ist gar kein so neuer Uni-Abschluss wie man sieht ;-)

Ab Oktober 1509 hält er Vorlesungen in Dogmatik.

1510 reist er nach Rom und sieht auch die Baustelle des neuen Petersdoms.

Luther wird 1512 Doktor der Theologie und erhält an der Wittenberger Universität die Bibelprofessur. Seine Vorlesungen behandeln vorwiegend die Psalmen, den Römerbrief, den Galaterbrief und den Hebräerbrief.

Durch sein Studium der Theologie des Apostels Paulus und der Lehren von Augustinus gelangt Luther zur Überzeugung, dass der biblische Begriff "Gerechtigkeit Gottes" nicht einen zornigen und strafenden, sondern den gnädigen und barmherzigen Gott meint. Gott schenkt dem Menschen wegen seines Glaubens die Gnade

1513 hat Luther sein "Turmerlebnis", seine religiösen Erkenntnis im Turm des Schwarzen Klosters zu Wittenberg.

1514 wird er als Prediger an die Wittenberger Stadtkirche berufen.

Allerdings kommen viele Gemeindemitglieder nicht mehr zu ihm in die Beichte sondern reisen lieber in die brandenburgischen oder anhaltinischen Städte wie Jüterbog oder Zerbst. Denn dort können sie Ablassbriefe kaufen. Die Praxis des Ablasskaufs, die die Beichte ersetzte, und mit der man sich sein Seelenheil erkaufen konnte, ist Luthers Überzeugung völlig zuwider. Glaubt er doch fest daran, daß jeder sich ein Leben lang in Demut der Gnade Gottes anvertrauen müsse.

Der Handel mit Ablaßbriefen nimmt seit 1507 dramatisch zu, da die Kurie in Rom und der mit dem Ablasshandel in Deutschland beauftragte Bischof Albrecht von Brandenburg in immer stärkere Geldnot gerieten. Ein weiterer Grund ist die marktschreierische Art, mit der der Dominikanermönch Johann Tetzel in Anhalt und Brandenburg seine Arbeit tut. Bei ihm hieß es könne man auch die Sünden Verstorbener tilgen lassen etc.

Auch Spüche Tetzels, wie "Wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt", riefen bei Luther Unmut hervor

Der "Thesenanschlag" am 31. Oktober 1517
Schon vor dem 31.10.1517 hatte Luther sich in Predigten gegen den Ablasshandel ausgesprochen. An diesem Tag aber schreibt er, nachdem er eine Instruktionsschrift für Ablasshändler gelesen hat, an seine kirchlichen Vorgesetzten. Er hofft, damit den Missstand beheben zu können. Den Briefen legt er die berühmten 95 Thesen bei, die als Grundlage für eine Disputation zu diesem Thema dienen sollten.

Daß Luther an besagtem Tag seine Thesen mit lauten Hammerschlägen an die Tür der Schloßkirche zu Wittenberg genagelt haben soll, ist unbewiesen. Es gibt zwar keine historischen Beweise für diese Tat, allerdings diente
diese Tür diente damals der Wittenberger Universität als sog. Schwarzes Brett. Daher ist es sehr wahrscheinlich, daß es sich so zugetragen hat.

Die Reaktionen
Luther hatte die Thesen außer den Bischöfen nur wenigen Freunden gesandt. Somit erwartet und erhält er auch nicht sofort eine Reaktion. Jedoch bereits Ende 1517 sind Drucke der Thesen in Leipzig, Nürnberg und Basel im Umlauf. Es gibt sowohl stürmische Zustimmung seitens einiger humanistischer Gelehrter und auch einiger Fürsten, als auch völlige Ablehnung aus vielen Teilen der römischen Kirche.

Durch den Buchdruck mit beweglichen Metall-Lettern- erfunden um 1450) finden die Thesen eine ungeahnt weite Verbreitung. (Schon um das Jahr 1500 herum gab es in Europa ca. 260 Orte mit rund 1120 Druckereien. Innerhalb von vierzig Jahren hatten diese 30.000 Werke herausgegeben und 20 Millionen Exemplare gedruckt.).

Allen voran natürlich der am schärfsten kritisierte Ablassprediger Tetzel, der sogar Todesdrohungen gegen Luther ausgesprochen haben soll. Er wünscht Luther das gleiche Schicksal wie dem des als Ketzer verurteilten Jan Hus - den Scheiterhaufen.

Die Bischöfe reagieren jedoch vorerst noch nicht drastisch. Sie berichteten dem Papst über den "Rebellen" in den eigenen Reihen' und weisen Luthers direkte Vorgesetzte an, mäßigend auf den "Rebellen" einzuwirken. Einige Bischöfe erkennen sogar die von Luther angreprangerten Fehler ein und begrüßne dessen Reformvorschläge.

Die Ereignisse bis 1519
Luther sieht sich durch den wachsenden Druck genötigt, seine Thesenweiter zu erläutern. Es ginge ihm ja nur darum einen Mißstand zu beseitigen und nicht das ganze Papsttum aus den Angeln zu heben trachte. Jedoch ist die Lawine nun nicht mehr aufzuhalten.

Die Kurie reagiert auf den vermeintlichen Ketzer drastisch: 1518 wird in Rom der Ketzerprozeß eröffnet. Dieser ruht jedoch 1519, da das Land mit der Regelung der Nachfolge des verstorbenen Kaisers Maximilian beschäftigt ist.

Der Habsburger Karl I. von Spanien wird zum Kaiser gewählt. Er wird Kaiser Karl V. und herrscht in Spanien und Deutschland. Und wenn man noch die spanischen Kolonien dazunimmt, so herrscht er über "ein Reich in dem die Sonne nie untergeht."

Die gesamten politischen Bedingungen begünstigen die Reformation. Kaiser Karl V. ist erst 19 Jahre alt und eher Spanier als Deutscher, das Reich befindet sich im Konflikt mit Frankreich und im Osten sind seit dem Fall Konstantinopels 1453 die Türken auf dem Vormarsch in Osteuropa und kommen so in Konflikt mit den Habsburgern.

Bannandrohung und Verbrennung der Bannandrohungsbulle (1520/21)

Durch die ständigen Angriffe durch die römischen Kurie sieht sich Luther genötigt, seine religiösen Ansichten zu einer selbständigen Theologie auszuformen. So verfasst er in den Jahren 1520/21 seine drei großen reformatorischen Schriften "An den christlichen Adel deutscher Nation", "Von der babylonischen Gefangenschaft der Kirche" und "Von der Freiheit eines Christenmenschen".

Er trennt sich innerlich nun völlig von Rom. 1520 wird der Ketzerprozeß gegen ihn wieder aufgenommen. Dieser gipfelt am 15. Juni 1520 in der Bannandrohung, mit der Luther ultimativ aufgefordert wird, seine Lehren zu widerrufen.

Luther reagiert demonstrativ: er verbrennt die Bulle ("Exurge Domine") am 10. Dezember 1520 zusammen mit dem Kirchengesetzbuch und Büchern seiner Gegner an dem Platz, auf dem sich heute in Wittenberg die Luthereiche befindet.

Dieses Verhalten führt dazu, dass der Papst am 3. Januar 1521 den Bannfluch über Luther verhängt.

Der Kaiser jedoch sieht jedoch Probleme durch die lutherfreundliche Stimmung im Land. Außerdem erhoffen sich einige Fürsten, durch Luther den Einfluß des Papstes auf die Reichspolitik zu schwächen. Daher bietet er an, Luther anzuhören. So wird der Rebell auf den Reichstag nach Worms geladen und ihm freies Geleit zugesichert.

Der Wormser Reichstag
Luther begibt sich am 2. April 1521 auf die Reise nach Worms. Aber die Anreise zum Reichstag wird nicht zu dem von der Kirche erhofften Bußgang, die Fahrt nach Worms gleicht eher einer Triumpffahrt.

Er predigt in Erfurt, Gotha und Eisenach. Und auch in Worms, wohin er am 16. April gelangt, wird er vom Volk umjubelt empfangen.

Luthers Auftreten auf dem Reichstag wird als sachlich, klug und überlegt beschrieben. Er muß zweimal vor dem Kaiser erscheinen, jedesmal wird ihm nahegelegt, seine Lehren zurückzunehmen, Luther jedoch erkennt keinen Beweis gegen seine Thesen und Ansichten, der ihn bewegen könnte, zu widerrufen:

"Wenn ich nicht durch Zeugnisse der Schrift und klare Vernunftgründe überzeugt werde; denn weder dem Papst noch den Konzilien allein glaube ich, da es feststeht, daß sie öfter geirrt und sich selbst widersprochen haben, so bin ich durch die Stellen der heiligen Schrift, die ich angeführt habe, überwunden in meinem Gewissen und gefangen in dem Worte Gottes. Daher kann und will ich nichts widerrufen, weil wider das Gewissen etwas zu tun weder sicher noch heilsam ist. Gott helfe mir, Amen!"

Die berühmten Worte "Hier stehe ich und kann nicht anders!" stammen nicht von Luther.

Nachdem er den Verhandlungssaal verlassen hat, ruft er erleichtert "Ich bin hindurch." Und er ist auch vorerst hindurch: Luther wird entlassen,aber nicht verhaftet, da ihm der Schutzbrief für 21 Tage freies Geleit zusichert. Am 25. April begibt er sich auf die Rückreise.

Als er und die ihn unterstützenden Fürsten Worms verlassen haben, verhängt der Kaiser über ihn die "Reichsacht" (Nein, es hängt keine schmiedeeiserne 8 über Luther. Acht bedeutet hier "Ächtung" des Rechtsbrechers und Verstoß aus der Gemeinschaft. Die Folge ist, jeder "Geächtete" darf ohne Strafe getötet werden. Die Reichsacht - sie galt im ganzen Reich - durfte nur der Kaiser verfügen.. Aber das "Wormser Edikt" - die Reichsacht gegen Luther - konnte aber nur mit Zustimmung der Fürsten vollzogen werden. Dies geschah nicht. Auf dem Reichstag zu Speyer wurde später den Landesherren gestattet, selbst über die Durchsetzung des Edikts zu entscheiden. Soviel zur Macht des Kaisers in Deutschland...)

Auf der Rückreise läßt Kurfürst Friedrich der Weise Luther am 4. Mai "entführen" (Luther war vorher schon informiert). Dies geschieht einerseits um Luthers Sicherheit zu garantieren, andererseits um ihn kurzzeitig von der Bildfläche verschwinden zu lassen - sogar das Gerücht vom Tode Luthers grassiert. Auch dient diese Aktion dem Kurfürsten vor allem dazu, sich selbst nicht zu gefährden, da der Fürst ja einem Geächteten und Ketzer Unterschlupf gewärte.
Luther wird auf die abgeschiedene Wartburg gebracht und die reformatorische Bewegung hat Zeit, sich zu festigen.

Den Fürsten im Reich ist eine Alternative zur Römisch-Katholischen Kirche ganz recht. Denn die Päpste mischen je seit jeher in der Reichspolitik mit und waren sich nicht zu schade den einen oder anderen Fürsten oder Kaiser zu bannen etc.

Auf der Wartburg lebt Luther als "Junker Jörg" und schreibt Schriften wie "Gutachten über die Mönchsgelübde". Und er übersetzt das Neue Testament aus dem Griechischen ins Deutsche.

Im März 1522 kommt Luther nach Wittenberg zurück. Die Reformationsbewegung war ihm zu eifrig geworden und er greift lenkend ein.

Der gegen ihn verhängte Bann wird beim 2. Nürnberger Reichstag für undurchführbar erklärt.

1522 beginnt Luther das Alte Testament (bis 1534) zu übersetzen. Luther schreibt die Übersetzung in seiner "Mundart" des Deutschen. Diese Übersetzung bildete die Grundlage für unser heutiges Hochdeutsch.

In den Jahren 1522 bis 1524 geht Luther auf Predigerreisen und will seine Lehren praktisch umsetzen. Er sieht es als wichtige Aufgabe an, den Menschen das Evangelium zu verkünden und zu erläutern.

Auf dem 3. Nürnberger Reichstag wird der Bann wieder erneuert, aber die Reformation ist schon so weit fortgeschritten, dass Luther immer weniger gefährdet ist.

1524 beginnen Bauernaufstände. Sie sind die radikalen Folgen der Reformation. Luther stellt sich mit "Wider die Mordischen und Reuberischen Rotten der Bawren" gegen die Aufständischen.

Es kommt zum Streit mit dem Humanisten Erasmus von Rotterdam und die Humanisten wenden sich von Luther ab.

Am 13. Juni 1525 heiratet er die entflohene Nonne Katharina von Bora. Sie werden zusammen sechs Kinder haben.

Luther war damals 42, Katharina 26 Jahre alt.

Beim ersten Kind hegt der Humanist Erasmus von Rotterdamm die Sorge, dass ein Kind einer ehemaligen Nonnes und eines ehemaligen Mönchs ja nur ein Teufel sein kann. Aber der Sohn Johannes Luther wird ein ganz normales Kind.

1529 veröffentlichte Luther den "Großen" und den "Kleinen Katechismus" als Grundlage für Lehre und Erziehung im Geiste der Reformation.

1530 vertritt Philipp Melanchthon Luther vor dem Reichstag in Augsburg. Melanchtons "Confessio Augustana" wird vor dem Reichstag verlesen und ist das erste öffentliche Bekenntnis des Protestantismus

Zwischen 1525 und 1540 setzt Luther die Neuordnung des Kirchen- und Gemeindewesens fort und überprüft auf Reisen deren Umsetzung. Es entstehen das Taufbüchelein, der Kleine und Große Kathechismus sowie das Klugsche Gesangbuch und der Choral "Eine feste Burg ist unser Gott". Im Jahre 1534 erscheint Luthers Übersetzung der gesamten Bibel.

Luthers letzte Lebensjahre (1540-1546)

Die letzten Lebensjahre Luthers sind von verschiedenen körperlichen Leiden geprägt. Trotzdem setzt er seine Predigertätigkeit und seine Lehrtätigkeit an der Universität Wittenberg fort. 1543 entsteht die stark antijüdische Schrift: "Von den Juden und ihren Lügen", die Luthers spätere Haltung gegenüber Andersgläubigen zeigt. Mit der 1545 verfassten Schrift "Wider das Bapsttum zu Rom vom Teuffel gestifft!" wendet sich Luther noch einmal eindeutig gegen die römische Kirche.

1544 weiht Luther im sächsischen Torgau den ersten evangelischen Kirchenbau ein.

Im Winter 1546 reist Luther nach Eisleben. Er will bei Erbstreitigkeiten der Grafen von Mansfeld schlichten. Am 18. Februar um 3 Uhr stirbt der Reformator an Herzversagen. Seine letzten Worte sind: "Wir sind Bettler, das ist wahr ...".

Sein Leichnam wurde in der Schlosskirche zu Wittenberg beigesetzt.

1552 stirbt Luthers Frau Katharina als sie vor der Pest flieht. Sie verunglückt mit ihrem Wagen und stirbt später an den Verletzungen.

Am 23. Mai 1547 erlitten die Protestanten im Schmalkadischen Krieg in der Schlacht bei Mühlberg eine Niederlage. Kaiser Karl V. ritt in Wittenberg ein. Auf einen Vorschlag, bei dieser Gelegenheit den Ketzer Luther noch nachträglich dem Scheiterhaufen zu übergeben antwortet der Kaiser (der Legende nach): "Er hat seinen Richter gefunden. Ich führe Krieg mit den Lebenden und nicht mit den Toten."

Luther-Zitate:

"Die Arznei macht kranke, die Mathematik traurige und die Theologie sündhafte Leute."

"Du kannst nicht verhindern, daß ein Vogelschwarm über deinen Kopf hinwegfliegt. Aber du kannst verhindern, daß er in deinen Haaren nistet."

"Ihr könnt predigen, über was ihr wollt, aber predigt niemals über vierzig Minuten."

"Jugend ist wie ein Most. Der läßt sich nicht halten. Er muß vergären und überlaufen."

"Des Menschen Herz ist wie Quecksilber, jetzt da, bald anderswo, heute so, morgen anders gesinnt."

"Wenn wir alt werden, so beginnen wir zu disputieren, wollen klug sein und doch sind wir die größten Narren."

"Die Lüge ist wie ein Schneeball: Je länger man sie fortwälzt, je größer wird sie."

"Strafe hasst man, aber die Sünde liebt man."

"Eine Lüge ist wie ein Schneeball; je länger man ihn wälzt, je größer wird er."

"Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute ein Apfelbäumchen pflanzen!" ist schön aber zweifelhaft, ob der Quelle, denn der schriftliche Nachweis dieses Spruches ist erst seit 1944 zu finden...


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