SPD-Vorsitzende nach dem Zweiten Weltkrieg

 

Der erste SPD-Vorsitzende nach 1945 war Kurt Schumacher.

Schuhmacher war Invalide. er hatte im Ersten Weltkrieg einen Arm verloren und 1948 musste ihm ein Teil seines Beins abgenommen werden. 1930 wurde Schmacher Reichstagsabgeordneter. Als einer der Aktiven oppositionellen SPD wurde er am 6. Juli 1933 verhaftet. Er weigert sich eine Verzichtserklärung auf politische Betätigung zu unterschreiben. Das bringt im Gefangenschaft in verschiedensten Konzentrationslagern ein. Im März 1943 wird er schwerkrank nach Hannover entlassen.

Noch vor dem offziellen Kriegsende baut Kurt Schumacher die während der NS-Diktatur verbotene SPD wieder auf. Er wird am 6. Mai 1945 in Hannover zum lokalen Vorsitzenden gewählt.

Schumacher war gegen eine Vereinigung mit der KPD, was besonders in der sowjetischen Besatzungszone von der Militaerverwaltung gefördert wurde. Er war noch aus der Endzeit der Weimarer Republik strammer Antikommunist, den er gab der damaligen KPD eine Mitschuld am Erstarken der NSDAP. Zudem war ein gegen jede Art von Diktatur, weswegen er auch die "Nationalen Fronten" in den sowjetisch besetzen Ländern Osteuroas ablehnte.

In den westlichen Besatzungszonen und West-Berlin verhinderte er die Vereinigung von SPD und KPD. 1946 wurde er Vorsitzender der SPD, 1949 Bundestagsabgeordneter und SPD-Fraktionsvorsitzender. Er wandte sich gegen die Westorientierung der Bundesrepublik und die Wiederbewaffnung. Kurt Schumacher blieb bis zu seinem Tode 1952 SPD-Vorsitzender.

Sein Nachfolger wurde Erich Ollenhauer. Ollenhauer war 1933 ins Exil nach Prag, Paris und Großbritannien gegangen. Nach dem Krieg baute er mit Schumacher die SPD neu auf. Mit Ollenhauer verlor die SPD zwei Bundestagswahlen, gegen das sogenannte Wirtschaftswunder hatte sie keine Chance. Zudem war Erich Ollenhauer nicht so charismatisch. Aber Ollenhauer leitete die Wandlung der SPD von der Arbeiterpartei zur Volkspartei ein. In seine Zeit als Vorsitzender faellt das "Godesberger Programm" von 1959. Die SPD verzichtete auf klassenkümpferische Pläne wie Verstaatlichungen, "Ablösung der bürgerlichen Klassenherrschaft" oder Planwirtschaft. Auch akzeptierte die SPD die Westorientierung der Bundesrepublik und gab ihre Ideen eines politsch neutralen Gesamtdeutschlands auf. Genaugenommen akzeptierte sie damit die vom CDU-Kanzler Adenauer geschaffenen Fakten. Als Kanzerkandidat für die Bundestagswahl 1961 trat nicht mehr Ollenhauer, sondern der Regierende Bürgermeister West-Berlins, Willy Brandt, an.

Auch Ollenhauer starb im Amt, eine Lungenembolie endete 1963 für ihn tödlich.

Willy Brandt folgte Ollenhauer als Parteivorsitzender. Er war die aufstrebende Hoffnung der SPD. Während des Berliner Mauerbaus 1961 kam er bei den Berlinern besser an als Kanzler Adenauer, dem man unterstellen kann, dass ihm das damals rote Berlin ein wenig egal war.
Willy Brandt war 1913 in Lübeck als Herbert Frahm geboren worden. 1933 ging er als junger Sozialist nach Norwegen ins Exil. 1934 nahm er den Decknamen Willy Brandt an. 1937 war er Kriegsberichterstatter im Spanischen Bürgerkrieg und 1940 wurde er norwegischer Staatsbürger, da er in Deutschland ausgebürgert worden war. Als die Deutschen 1940 Norwegen besetzten, floh er nach Schweden.
1945 bis 1947 schrieb Brandt in Deutschland als Korrespondent skandinavischer Zeitungenals Berichterstatter. 1947 wurde er als Willy Brandt wieder deutscher Staatsbürger und wieder SPD-Mitglied. 1964 wurde er als Ollenhauers Nachfolger und Vorsitzender der SPD. Zusammen mit Egon Bahr entwickelte er ein neues Konzept für die Deutschland- und Ostpolitik.

Nach den Bundestagswahlen 1969 wurde Brandt der erste SPD-Bundeskanzler. SeineRegierungserklärung stellte er unter das Motto "mehr Demokratie wagen". Für seine Entspannungspolitik im Ost-West-Konflikt erhielt Brandt 1971 den Friedensnobelpreis.

Wirtschaftliche Probleme, Druck durch die Gewerkschaft ÖTV, Gerüchte um Frauengeschichten, depressive Phasen Brandts und Spannungen in der SPD schwächten ihn als Kanzler.

Die Enttarnung des Brandt-Vertrauten Günther Guillaume als DDR-Spion, gab dem kriselnden Bundeskanzler einen guten Grund 1974 als Bundeskanzler zurückzutreten. Aber Willy Brandt blieb SPD-Vorsitzender bis 1987.

In dem Jahr trat er zurück, weil die SPD einem seiner Personalvorschläge für eine SPD-Verwaltungsposition nicht folgen wollte.

Nachfolger wurde Hans-Jochen Vogel, zu der Zeit SPD-Fraktionsvorsitzender im Bundestag. Vogel galt als sehr genau und ordnungsliebend. Mit ihm war der Begriff "Klarsichthülle" verbunden.

Seit 1982 war Helmut Kohl von der CDU Bundeskanzler. Er galt als "der Enkel Adenauers", so dass die Presse versuchte diesen Begriff nun auch auf jüngere SPD-Politiker auszudehnen. Daher wurden Politiker wie Björn Engholm aus Schleswig-Holstein, Oskar Lafontaine aus dem Saarland, Rudolf Scharping aus Rheinland-Pfalz und Gerhard Schröder aus Niedersachsen als "Enkelgeneration" Brands bezeichnet.
Die Bezeichnung "Enkel" war allerdings irreführend, denn vom Alter her hätten die vier Männer eher Brandts Söhne sein können. Aber dann wäre ja der schöne Vergleich mit Helmut Kohl dahin gewesen.

Die grosse Frage war damals, wer der politischen "Enkel" Vogels Nachfolger werden würde. 1991 übergab Vogel dann das Amt an Björn Engholm. Der war Schleswig-Holsteinischer Ministerpräsident. 1993 musste der aber wegen Ungereimtheiten über sein Wissen in der "Barschelaffäre" als SPD-Vorsitzender und Ministerpräsident zurücktreten. Damit waren es nur noch drei „Enkel”.

Die SPD erwischte dieser Rücktritt auf dem kalten Fuß. Weswegen erstmals eine Mitgliederbefragung stattfand. Drei Bewerber traten an: Heidemarie Wiczorek-Zeul aus Hessen, Rudolf Scharping, Ministerpräsident in Rheinland-Pfalz und Gerhard Schröder. Schröder, damals Ministerpräsident in Niedersachsen, sagte ganz klar, dass er als Parteivorsitzender auch Kanzlerkandidat werden wolle. Das war den Genossen vermutlich zu gierig und sie wählten Rudolf Scharping, der sowas nicht angekündigt hatte, zum Vorsitzenden. Was Scharping dann nicht daran hinderte 1994 als Kanzlerkandidat anzutreten - und zu verlieren. Scharping machte den Kanzlerkandidaten 1994, Schröder und Lafontaine sekundierten. Man sprach von einer “Troika”. Scharpings Stand in der SPD ließ nach der verlorenen Bundestagswahl immer mehr nach. Wobei Gerhard Schröder, Ministerpräsident in Niedersachsen auch durch geschickte Interviews an Scharpings Autorität sägte.

1995 löste Oskar Lafontaine den glücklosen Scharping nach einer fulminanten und motivierenden Rede auf einem Partei als Vorsitzenden ab. Aus der “Troika” war ein Duo geworden. Denn Lafontaine und Schröder lauerten nun auf den den günstigsten Moment Kanzlerkandidat zur Bundestagswahl 1998 zu werden.

Oskar Lafontaine nutzte geschickt den SPD-dominierten Bundesrat, um die CDU/FDP-Regierung als reformunfähig darzustellen. Die schwarz-gelbe Bundesregierung unter Helmut Kohl nannte das damals Obstruktionspolitik und Blockade. Zum von Helmut Kohl verursachten “Reformstau” kam nun noch die SPD-Blockade dazu, was die Wechselstimmung in Deutschland nach 16 Jahren Kohl noch verstärkte.
Lafontaine folgte damit aber nur einer Strategie, die in den 1970ern der CSU-Vorsitzende Franz-Josef Strauß ersonnen hatte. Strauß entdeckte nämlich, dass man im CDU-dominierten Bundesrat die sozialliberale Koalition prima ausbremsen konnte. Da Strauß diese Idee auf einer Rede in Sonthofen präsentiert hatte, nennt man das auch gerne “Sonthofen-Strategie”. Franz Josef Strauß hatte vor der CSU-Landesgruppe eine Rede gehalten, in der er gesagt haben solle, dass Deutschland vor einer Krise stehe, aber die Krise müsse sich noch steigern, damit sich das politische Klima für CDU/CSU verbessere. Und um diese Krise zu steigern, war der Plan im unionsdominierten Bundesrat jede mögliche Zusammenarbeit mit der sozialliberalen Koalition zu unterlaufen.

Den Bundestagswahlkampf 1998 führte für die SPD ihr Geschäftsführer Franz Müntefering. Er richtete mit der sogenannten "Kampa" eine moderne Wahlkampfzentrale ein und kopierte erfolgreich Elemente des britischen Labour-Party-Wahlkampfs von Tony Blair.

Mit Lafontaine als Vorsitzenden und Gerhard Schröder als Kanzlerkandidaten gewann die SPD schließlich die Bundestagswahl 1998. Oskar wurde Finanzminister. Aber der Wahlsieg brachte für Oskar Lafontaine anscheinend nicht seine Politik, denn er trat 1999 überraschend zurück. Ein Vorsitzender und Finanzminister, der sich gegen seinen Kanzler anscheinend nicht durchsetzen konnte und deswegen hinschmiss. Lafontaines späte Rache ergab sich 2005. Nachdem er lange nach seinem Rücktritt geschwiegen hatte, äusserte er sich zu den sogenannten Hartz-Reformen immer kritischer. Bis er schließlich aus der SPD aus- und in die WASG eintrat. Seit der Bundestagswahl 2005 sitzt er als Fraktionsvorsitzender der "Linken" wieder im Bundestag.

Die Lücke, die Lafontaine 1999 hinterließ, stopfte die SPD mit ihrem Bundeskanzler Gerhard Schröder. Er wurde Parteivorsitzender. Aber Schröder war eher Regierender als Visionär oder SPD-Vaterfigur. Mit seinen Reformen waren Teile der SPD unzufrieden. Und so gab er 2004 den Parteivorsitz an den SPD-Generalsekretär Franz Müntefering ab.

Franz Müntefering ist mit seiner Parteikarriere ein typischer Sozialdemokrat, der aus kleinen Verhältnissen nach oben kam. Er gab der SPD als Vorsitzender wieder ein Gesicht, das unter Schröder etwas blass geworden war. In der so genannten Heuschreckendebatte versuchte er, Kapitalismuskritiker für die SPD zu gewinnen. Allerdings war der Begriff "Heuschrecken" für stark Rendite-orientierte Investmentfonds sehr generell und unglücklich gewählt.

Aber er folgte Gerhard Schröder loyal auf allen Wegen, auch dem in den vorgezogenen Bundestagswahlkampf 2005. Nach der Wahl wollte "Münte" einen bestimmten Generalsekretär, aber das SPD-Präsidium wollte Müntefering nicht folgen. Was für ihn den Rücktritt im November 2005 bedeutete.

Ähnlich wie Brandt 1987 konnte Müntefering 2005 eine Personalie nicht durchsetzen und schmiss hin.

Münteferings Nachfolger wurde der brandenburgische Ministerpräsident Matthias Platzeck. Mit einem Ergebnis von 99,4 Prozent der gültigen Stimmen erhielt Platzeck eines der besten Ergebnisse für einen SPD-Vorsitzenden.

Krankheitsbedingt musste Matthias Platzeck sein Amt allerdings schon nach wenigen Monaten im April 2006 wieder abgeben.

 

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