Tendenziöse Tage: Juni
Es gibt Tage, da sind einige Veranstaltungen eher unpassend. Wie beispielsweise eine öffentliche Geburtstagsfeier am 20. April.
Aber es gibt das ganze Jahr über Tage, die man vielleicht lieber gemieden hätte, wenn man mal wie Willi - kurz in die Wikipedia geschaut hätte hätte.
1. Juni
Ein guter Tag für frankophile und republikanische Zeitgenossen,
denn 1958 wurde General Charles de Gaulle französischer Regierungschef
und 1973 wurde in Griechenland die Republik proklamiert.
1990 erhält Karl-Marx-Stadt wieder seinen alten Namen Chemnitz. Der Name hätte, wenn dann besser zu Trier oder London gepasst, denn in der einen Stadt wurde Karl Marx geboren in der anderen ist er begraben.
Ein Feuerwerk ist eher nicht angebracht, da empfindliche Zeitgenossen an den Ausbruch des Vulkans Pinatubo auf den Philippinen 1991 erinnert werden könnten.
Der Tag ist der Geburtstags Brigham Youngs. Der 1801 geborene Gründer Salt Lake Citys war zweite Präsident und Prophet der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage. Bei uns kennt man diese Kirche nach einem ihrer Bücher, das die Bibel ergänzt. Es sind die "Mormonen".
Auch am 1. Juni Geburtstag hat Supermodel Heidi Klum, sie kam 1973 (gut merken, in 60 Jahren ist das bestimmt streng geheim) auf die Welt.
1960 starb an dem Tag Paula Hitler, eine der Schwestern des "Führers", und 1983 in Ost-Berlin die von den Nazis verfolgte Schriftstellerin Anna Seghers ("Das siebte Kreuz")
2. Juni
Ein Tag für Royalisten, linke Aktivisten und Polizisten.
1953 wird Königin Elisabeth II. von Großbritannien und Nordirland gekrönt.
1967 wird bei einer Demonstration gegen den Schahbesuch der Student Benno Ohnesorg von einem Polizisten erschossen und 1972 der Terrorist Andreas Baader verhaftet.
Wer mag kann auch die erste unbemannte Mondlandung feiern. Allerdings landete 1966 eine Sonde der UdSSR.
Geburtagskinder sind der 1740 geborene Marquis de Sade oder der 1904 geborene Johnny Weissmüller (Tarzandarsteller und Schwimmer).
3. Juni
1989 starb der iranische Religions- und Revolutionsführer Ayatollah
Ruhollah Chomeini.
1998 kam es bei Eschede zum einem der größten ICE-Unglücke. Der ICE Wilhelm Conrad Röntgen entgleiste und 101 Menschen starben. Die Bahn sperrte sofort alle ICEs für den Verkehr. Tagelang war unklar wann welche Züge fahren.
Der 3. Juni ist Geburtstag von Ulrich Kiesow, dem Entwickler des deutschen Rollenspiels Das Schwarze Auge (DSA).
Todestag war der Tag 1963 für Papst Johannes XXIII. und 1970 für Hjalmar Schacht einem Bankier, Reichsbankpräsident und Minister im Dritten Reich. 1944 wurde Schacht als Mitverschwörer des 20. Juli von der Gestapo verhaftet und bis Kriegsende interniert.
4. Juni
Feiernden an dem Tag kann man jede Menge unterstellen. Gedenken
an Opfer des chinesischen Kommunismus, Gedenken an den letzten Kaiser
oder an einen Nazi.
Zwischen dem 3. und 4. Juni fand 1989 in Peking das Tiananmen-Massaker statt. Die chinesische Regierung beendete wochenlange Demonstrationen der Demokratiebewegung mit Waffengewalt.
1941 starb an dem Tag der letzte Deutsche Kaiser Wilhelm II. in seinem Exil im niederländischen Doorn.
1942 wird Reinhard Heydrich, SS-Offizier, Holocaust-Organisator und "Stellvertretender Reichsprotektor" in Böhmen und Mähren von tschechischen Widerstandskämpfern getötet.
Und wer in Westdeutschland am Geburtstag Jürgen Sparwassers (1948) feiern will, bitte...
Geburtstag an dem Tag haben außerdem Karl Valentin (1882), ein legendärer bayerischer Komiker und Angelina Joli (1975). Sparwasser war Fußballer in der damaligen DDR. Er war der Spieler, der mit seinem 1:0 die DDR-Mannschaft gegen die BRD-Mannschaft zum Sieg bei der WM 1974 schoss. 1988 flüchtete Sparwasser in die Bundesrepublik, und war von 1990 bis 1991 Trainer des SV Darmstadt 98. ( Wir halten halt nix von Revanchismus, außerdem war er schon vor der Wende geflohen.)
5. Juni
Ein Tag für Märtyrer, Heiße Luft-Produzenten und
Kriegsveteranen und US-Konservative.
754 starb der Mönch Bonifatius den Märtyrertod in Friesland bei Bekehren der Heiden.
1783 führten die Brüder Montgolfier ihren Heißluftballon vor.
Und 1942 wendete sich das Kriegsglück im Pazifik, Japan verlor in der Seeschlacht um Midway sechs Flugzeugträger gegen die USA.
6. Juni
Der Tag ist schwedischer Nationalfeiertag in Schweden und der Todestag
des römischen Kaisers Nero. Übles fand nicht wirklich
statt abgesehen von der Gründung des ZDFs 1961 und der Veröffentlichung
2005, dass Apple auf Intel umsteigt.
7. Juni
Ein Tag für Monarchisten, Reformer und Antifaschisten.
An dem Tag wurde 1654 , das Sinnbild des Absolutismus, zum französischen König gekrönt. König war er schon mit vier Jahren. Allerdings regierten bis er 14 Jahre alt war als Regentin seine Mutter Anna und faktisch der Kardinal Mazarin. So kam Ludwig XIV. auf eine Regierungszeit von 73 Jahren, die längste in Europa. Während der Regierungszeit Ludwigs wurde1688/89 das Heidelberger Schloss durch die Franzosen zerstört.
1837 wurde Alois Hitler, Adolf Hitlers Vater, geboren und 1896 der ungarische Politiker Imre Nagy (wird wie "Nodsch" ausgesprochen) geboren. Imre Nagy leitete im kommunistischen Ungarn Reformen ein und war während des Ungarn-Aufstandes Ministerpräsident. Als er Ungarn aus dem Warschauer Pakt (dem Gegengewicht unter der Sowjetunion zur NATO) lösen wollte, rückten russische Panzer ein und beendeten aus ihrer Sicht die Konterrevolution.
1951 wurden die letzten Toderurteile der Allierten an den SS-Standartenführern und Kriegsverbrechern Paul Blobel und Werner Braune vollstreckt.
8. Juni
Der Tag, an dem die Wikinger in Europa flamboyant aufschlugen. 793
überfallen sie das Kloster von Lindisfarne.
9. Juni
Alles ganz harmlos.
10. Juni
An dem Tag kommen Kaiser Friedrich Barbarossa (1190) und ein paar
Jährchen vorher (323 v. Chr) Alexander der Große ums
Leben.
1942 wird das tschechische Dorf Lidice von der SS ausrdiert. Die Deportation und Ermordung seiner Einwohner war Vergeltung für das Attentat auf den Leiter des Reichsicherheitshauptamtes und SS-Obergruppenführer Reinhard Heydrich.
Zwei Jahre später kommt es im Westen, im französischen Oradour zu einem ähnlichen Verbrechen. Am 10. Juni 1944 wird infolge von Resistancebekämpfung der Ort Oradour-sur-Glane von einer SS-Panzerdivision in Schutt und Asche gelegt und über 600 Bewohner umgebracht.
1973 starb Erich von Manstein, deutscher Generalfeldmarschall im Dritten Reich und Zweiten Weltkrieg. Er vertrat nach dem Krieg die These , dass der Krieg anders verlaufen wäre, wenn Hitler den Generalstab hätte machen lassen.
11. Juni
Noch ein harmloser Tag, keine Verbrechen oder Jahrestage heikler
Personen der Geschichte.
12. Juni
1898 erklärte die Philippinen ihre Unabhängigkeit von
Spanien.
Der Tag ist der Geburtstag des Waffen-SS-Manns Otto Skorzeny (1908) der im Zweiten Weltkrieg immer wieder an Kommandounternehmen beteiligt war. Nach dem Krieg organisierte er eine Fluchhelferbewegung für alte Nazis.
13. Juni
An dem Tag ertrinkt der Bayrische Märchenkönig Ludwig
II. 1886 im Starnberger See.
14. Juni
In Darmstadt wird der 1841 der Grundstein für den "Langen
Ludwig" gelegt. 1888 wird Wilhelm II. deutscher Kaiser. Das
Jahr nennt man auch Dreikaiserjahr, da kurz nach dem altersbedingten
Tod Wilhelm I., sein Sohn und Thronfolger Friedrich an Kehlkopfkrebs
starb und der Enkel Wilhelm Kaiser wurde. Man kann spekulieren,
das die Weltgeschichte einen anderen Lauf genommen hätte, wenn
der liberalere und englandfreundliche Friedrich Kaiser geworden
wäre.
1941 wurde an dem Tag das Massenvernichtungslager Auschwitz-Birkenau im besetzen Polen eröffnet und 1942 beginnt Anne Frank im besetzten Holland ihr Tagebuch.
15. Juni
1890 wurde Wilhelm Leuschner geboren. Leuschner war hessischer Innenminister
als die Nazis 1933 an die Macht kamen. Er wurde recht schnell verhaftet
und für ein Jahr inhaftiert. Er war aktiv im gewerkschaftlichen
Widerstand und hatte Kontakte zum bürgerlichen Kreisauer Kreis.
Nach dem 20 Juli 1944 wurde Leuschner verhaftet und im September
1944 hingerichtet. Die nach den Krieg gestiftete Wilhelm Leuschner-Medaille
ist die höchste Auszeichnung des Landes Hessen.
16. Juni
1958 stirbt der ungarische Revolutionär Imre Nagy.
Im südafrikanischen Soweto schlägt die Polizei 1976 Schüler- und Studentendemonstration mit Gewalt nieder.
1977 wird Leonid Breschnew Staatsoberhaupt der UdSSR. Zuvor war er schon Generalsekretär und damit der eigentliche Machthaber. Unter ihm wurde 1968 der "Prager Frühling" beendet indem das Militär einrückte und die Reformen beendete. Damit begründete er die "Breschnew-Doktrin", nach der Mitgliedstaaten des Warschauer Paktes sich auf jeden Fall von der Sowjetunion reinreden lassen müssen. Damit waren sie nur eingeschränkt souverän.
17. Juni
Tag des Volksaustandes in der DDR. 1953 wandten sich die Bürger
erst gegen eine Produktionsnormenerhöhung, streikten und forderten
schließlich freie Wahlen. Allerdings bekam die DDR mit Hilfe
sowjetischer Truppen den Aufstand schnell in den Griff.
Zwischen 1954 und 1990 war der Tag in der Bundesrepublik als "Tag der deutschen Einheit" Nationalfeiertag.
18. Juni
Mal wieder ein ruhiger Tag.
19. Juni
Im Mexiko wurde 1869 Kaiser Maximilian von Mexiko hingerichtet.
Er war ein Bruder des österreichischen Kaisers Franz Joseph
I. Er kam 1864 durch französische Machtpolitik auf den Thron
und konnte sich innenpolitisch und Außenpolitisch nicht richtig
etablieren.
20. Juni
Am 20. und 21. Juni steht die Sonne Mittags auf der Nordhalbkugel
in ihrem höchsten Punkt des Jahres. Es ist der längste
Tag, die Sommersonnenwende. Sonnenwendfeier können nette Lagerfeuerchen
mit Grillen sein, aber der Tag hat bei einige Gruppen natürlich
auch eine kultische Bedeutung.
Der Tag ist der Todestag der Kommunistin Clara Zetkin. Sie 1933 im sowjetuischen Exil. Sie war 1932 Alterspräsidentin des Reichstages und sprach in ihrer Eröffnungsrede gegen die NSDAP.
21. Juni
Je nachdem ob man ist Österreicher oder Deutscher ist, ist
das der Tag der "Schmach von Cordoba" oder des "Wunders
von Cordoba" Bei der Fußball-WM 1978 in Argentinien gewann
damals Österreich gegen Deutschland 3:2. Das Spiel bleibt in
Erinnerung, weil sich der österreichische Reporter "I
werd' narrisch!" nach dem Tor des Nationalhelden Krankl ähnlich
freute wie Herbert Zimmermann beim Wunder von Bern 1954.
Deutschland war damals amtierender Weltmeister und schied nach der
Vorrunde aus.
22. Juni
1940 hatte an dem Tag Frankreich gegen Deutschland verloren und
unterschrieb den Waffenstillstand. Stilecht wie die Deutschen waren
mussten die Franzosen den Waffenstillstand im gleichen Waggon unterzeichnen,
in dem die Deutschen 1918 vor Frankreich die Waffen streckten. So
pflegte man Erbfeinschaften.
Ein Jahr später, 1941, war das der Tag des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion. Das Beispiel Napoleons, der 1812 zwei Tage später Russland angriff und scheiterte, schien nicht zu gelten. Versuche, den Krieg gegen die Sowjetunion als Präventivkrieg darzustellen, sind mit Vorsicht zu genießen, denn diese These stammt vom Autor Paul Carell. Und der war im Dritten Reich unter dem Namen Paul Karl Schmidt SS-Obersturmbannführer und Pressesprecher im deutschen Außenministerium.
23. Juni
1894 gründete Pierre de Coubertin an dem Tag das Internationale
Olympische Komitee.
1897 wurde Winifred Wagner geboren. Sie ist eine Schwiegertochter Richard Wagners. Sie leitete ab 1930 die Festspiele in Bayreuth. Allerdings war sie auch eine Freundin Adolf Hitlers, den sie 1923 kennelernte. Während Hiter nach seinem Putschversuch in Haft saß, schickte sie ihm Papier und Stifte. Auf dem Papier schrieb Hitler dann seinen zweifelhaften Bestseller "Mein Kampf".
Winifred Wagner gab 1975 ein Interview in dem sie Hitler und seine Verbrechen recht unbefangen sah: Ich kannte ihn [Hitler] noch immerhin 22 Jahre und habe nie eine menschliche Enttäuschung an ihm erlebt. Ich meine, abgesehen von den Sachen, die draußen vor sich gingen, aber das berührte mich ja nicht. Dafür bekam sie von ihrem eigenen Sohn Wolfgang Wagner Festspielverbot bis zu ihrem Tode 1980.
24. Juni
An dem Tag überschritten 1812 Napoléons Truppen die
russische Grenze. Er maschiert mit 400.000 Soldaten ein und wird
eigentlich von der Weite des Landes und Nachschubproblemen besiegt.
Zwar erreichte er am 15. September Moskau, aber die Stadt war leer.
Im Dezember kehrte nur ein Bruchteil des Heeres wieder zurück.
1922 wurde Walther Rathenau, der Gründer der AEG und Reichsaußenminister von zwei Offizieren, die der rechtsextremen Organisation Consul angehörten ermordet
1948 wurde die Westmark in Westberlin eingeführt und die Sowjetunion begann mit der Berlin-Blockade.
25. Juni
Der Tag des "Nichtangriffspakts von Gijón" zwischen
Deutschland und Österreich bei der Fußball-WM 1992 in
Spanien. Deutschland und Österreich waren in der selben Gruppe,
Österreich war Gruppenerster und Deutschland (infolge einer
Niederlage gegen Algerien) Dritter. Deutschland gegen Österreich
war das letzte Spiel und so wusste beide Mannschaften, dass ein
1:0 gegen Österreich beiden Seiten das Weiterkommen sichern
würde. Und so kam es. Nach dem 1:0 wurde der Ball nur noch
hin- und hergeschoben. Seitdem finden die beiden letzten Gruppenspiele
immer gleichzeitig statt.
26. Juni
An dem Tag hielt 1963 US-Präsident John F. Kennedy in Berlin
die Rede mit dem legendären Ich bin ein Berliner-Satz.
Und die Gründung der CDU und der UNO an diesem Tag im Jahr 1945 kann man natürlich so oder so sehen.
27. Juni bis 29. Juni
Es folgen drei Tage, prima zum Feiern, außer den Militärputsch
in Argentinien 1966 nichts Verdächtiges. Aber in diesen Tagen
ist immer eine Fußballweltmeister- oder Europameisterschaft.
Und da kann Jubel immer verfänglich sein. Besonders im Ausland.
30. Juni
1934 endete an dem Tag ein interner Machtkampf innerhalb der NSDAP.
Die SA wollte mehr Einfluss und die Reichwehr übernehmen, Hitler
aber brauchte die SA als revolutionäre Kampftruppe nicht mehr.
Es kam zur sogenannten Nacht der langen Messer bei der
gleich noch ein paar andere Rechnungen beglichen wurden. Die Morde
an SA-Chef Ernst Röhm und anderen wurden als Röhm-Putsch
verkauft und die Taten nachträglich durch ein Gesetz legitimiert.