Verteidigungsminister der Bundesrepublik

 

Seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland gab es 13 Verteidigungsminister in 14 Legislaturperioden. Allerdings gibt es einen bundesdeutschen Verteidigungsminister erst seit 1955.

Der erste "Fast-Verteidigungsminister" war Theodor Blank von der CDU.

Theodor Blank wurde 1950 zum "Beauftragten des Bundeskanzlers für die mit der Vermehrung der alliierten Truppen zusammenhängenden Fragen" und gründetet die "Dienststelle Blank".

1955 war es dann soweit: Die Dienststelle Blank wird zum Bundesministerium für Verteidigung und Theodor Blank der erste Bundesminister für Verteidigung.

1956 wurde Blank dann von Franz-Josef Strauß abgelöst. Blank wurde Bundesminister für Arbeit und Soziales. Auch er versuchte sich in einer Reform der Krankenversicherung.

Franz Josef Strauß von der CSU war Verteidigungsminister von 1956-1962

Franz Josef Strauß, oder kurz FJS, war ein brillianter Kopf und aus der Sicht des SPIEGELS einer der potentiellen Adenauer-Nachfolger. Allerdings war er auch eine der schillernsten Figuren im Politikgeschäft der Bundesrepublik Deutschland. Zum einen waren da seine deutlichen Äußerungen zu allen Feldern:

"(Der Spiegel) ist die Gestapo des heutigen Deutschlands. Es gibt dort Tausende von Personalakten. Wenn man die Nazi-Vergangenheit Deutschlands betrachtet, so hat fast jeder etwas zu verheimlichen. Das ermöglicht Erpressungen. Ich war gezwungen dagegen vorzugehen." (1963)

"Verdreckte Vietcong-Anhänger, die da öffentlich Geschlechtsverkehr treiben." (1968 über linke Studenten)

Dann waren da aber noch seine zahlreichen Verwicklungen in Affären:

Die "Onkel-Aloys-Affäre": Aloys Brandenstein, der Nenn-Onkel von Frau Marianne Strauß geriet in den Verdacht durch Ministervermittlung Millionär geworden zu sein, obwohl er vorher nie im Rüstungsgeschäft tätig war.

Die Lockheed-Affäre: In den fünfziger Jahren suchte FJS einen neuen Abfangjäger für die Luftwaffe. Und nach Besuchen bei der Firma Lockheed war er ganz angetan vom "Starfighters F-104". Vorher war er noch für die französische Mirage...

Da Lockheed Politiker und Militärs von US-Bündnispartnern mit über 24 Millionen Dollar bestochen hatte kam auch Strauß ins Gerede. Ein Untersuchungsausschuss des Bundestages kam später zum Ergebnis, dass Vorwürfe der Bestechung und Korruption nicht haltbar seien.

Problem beim Starfighter war: Die F-104 war ein Schönwetterjäger für die amerikanischen Südstaaten. Deswegen sollte für Deutschland extra die F-104 G ("G"= Germany) entwickelt werden.
Aber dafür mussten Rumpf und Tragflächen verstärkt, das Leitwerk vergrößert und die Triebwerksleistung vermehrt werden. Und am Ende wog der neue Starfighter fast ein Drittel mehr.
Von den 960 Starfightern , die von 1961 bis 1991 über Deutschland flogen, stürzten 291 ab ("Witwenmacher"). 116 Piloten starben.

In der FIBAG-Affäre 1961 wurde FJS vom Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" Vorteilsnahme im Amt vorgeworfen. Er hätte der Baufirma FIBAG einen Kasernenbauauftrag für 7. amerikanische Armee in Deutschland zugeschanzt.

1962 kam dann die "Spiegel-Affäre". Der Spiegel berichtete unter der Überschrift "Bedingt abwehrbereit" über die vernachlässigte Ausrüstung der Bundeswehr mit konventionellen Waffen.

Das war eine politische Ohrfeige für Franz Josef Strauß, der die atomare Aufrüstung der Bundeswehr forderte.

Dann erstattete ein CSU-Mitglied Anzeige gegen den Spiegel wegen "Landesverrats" und am 26. Oktober 1962 wurde die Spiegel-Redaktion von einem großen Polizeiaufgebot besetzt. Der "Spiegel"-Herausgeber Rudolf Augstein wurde verhaftet. Conrad Ahlers, der Verfasser von "Bedingt Abwehrbereit" befand sich im Spanien-Urlaub.

Strauß telefonierte deshalb mit dem deutschen Militärattaché in Madrid und veranlasste die Verhaftung Ahlers.

Aber FJS behauptete: "Ich habe mit der Sache nichts zu tun. Im wahrsten Sinn des Wortes nichts zu tun!"

Im November 1962 kam heraus, dass Franz Josef Strauß doch sehr persönlich in die "Spiegel-Affäre" verwickelt war und alle fünf FDP-Minister traten aus Protest zurück. In er Folge kam es zu einer Koalitionskrise zwischen CDU/CSU und FDP und Verhandlungen über eine Grosse Koalition wurden anvisiert. Aber schließlich wurde die CDU/CSU/FDP Bundesregierung umgebildet und FJS wurde nicht mehr Verteidigungsminister.

Später, während der Grossen Koalition (CDU/CSU/SPD) war Strauß noch mal Wirtschaftsminister und schließlich von 1978-1988 Bayrischer Ministerpräsident. Er starb während einer Jagdgesellschaft bei Fürsten von Thurn und Taxis am 3. Oktober 1988 an einem Herzinfarkt.

Kai-Uwe von Hassel von der CDU wurde von 1962-1967 Verteidigungsminister.

Kai-Uwe von Hassel (geboren 1913 in Tansania, damals Deutsch-Ostafrika) kam aus Schleswig-Holstein und war dort Ministerpräsident. Er war übrigens Nachfolger von Friedrich Wilhelm Lübke, einem Bruders des Bundespräsidenten Lübke.

1965 Kai-Uwe von Hassel taufte den ersten serienmäßig produzierten Panzer der Bundeswehr auf den Namen "Leopard".

1970 starb sein Sohn, der Luftwaffenpilot Joachim von Hassel bei einem Starfighterabsturz.

Kai Uwe von Hassel war später Bundestagspräsident und verkündete 1972 während der Haushaltsdebatte, dass Bundeskanzler Willy Brandt der Friedensnobelpreis verliehen werden soll.

Kai-Uwe von Hassel starb 1997 im Rathaus von Aachen bei der Verleihung des Karlspreises an den Bundespräsidenten.

Einen Gerhard Schröder gab es auch in der der CDU. Er war Verteidigungsminister von 1967-1969.

Gerhard Schröder war vorher schon Innen- und Außenminister und gehörte seit 1953 sechzehn Jahre lang den verschiedenen CDU-geführten Regierungen an.

Ihm folgte Helmut Schmidt (SPD) von 1969-1972.

Schmidt war Hamburger Innensenator, als er 1962 bei der Hamburger Hochwasserkatastrophe sich als "Macher" auszeichnete.

1967 wurde er Fraktionsvorsitzender und 1969 in der ersten sozial-liberalen Regierung unter Bundeskanzler Brandt wurde er Verteidigungsminister.

1972 trat Karl Schiller als Finanzminister zurück und Schmidt wurde Finanzminister bis 1974 als er Willi Brandt im Kanzleramt nachfolgte.

Georg Leber (1972-78) von der SPD folgte auf Schmidt.

Leber war zuvor Vorsitzender der IG Bau, Steine, Erden und von 1966-72 Bundesverkehrsminister.

Unter Georg Leber durften 1975 erstmals Ärztinnen als Sanitätsoffiziere in der Truppe dienen.

1978 kostete eine Abhöraffäre des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) Leber das Amt.

Sein Nachfolger wurde der damalige Finanzminister Hans Apel. Das zeigte, dass die Personaldecke ziemlich dünn geworden war. Und Apel hatte noch nicht mal "gedient".

Was bei einem Verwalter (was ein Minister ja ist) nicht schlimm sein muss, er muss nur die richtigen Fachleute auf die Probleme ansetzen.

Hans Apel (SPD) hat das Zitat "Ich dacht' mich tritt ein Pferd" populär gemacht. Allerdings war der Satz von 1975 aus seiner Zeit als Finanzminister.

Mit dem Regierungswechsel 1982 kam Manfred Wörner von der CDU ins Amt. Er war zuvor Vorsitzender des Verteidigungsausschusses im Bundestag und ehemaliger Jagdflieger - also bestens vorbereitet fürs Amt.

1983 kam aber die Kießling-Affäre. Der Bundeswehr-General Kießling wurde verdächtigt homosexuell zu sein. Manfred Wörner sah das als "Sicherheitsrisiko" (Wobei doch Heteros genauso sexuell erpressbar sind und viel häufiger zu finden sind...). Kießling wurde vorzeitig entlassen. In der darauffolgenden Affäre stellten sich die Behauptungen allerdings als haltlos heraus und Wörner musste Kießling rehabilitieren.

Manfred Wörner wurde dann 1988 als erster Deutscher NATO-Generalsekretär und machte dort seine Sache so gut, dass er von allen Seiten Anerkennung fand.

1994 starb Manfred Wörner leider an Darmkrebs.

Manfred Wörner trug immer den Orfina Bundeswehr-Flieger-Chronographen aus seiner aktiven Zeit.

Übrigens war der jetzige Brandenburger Innenminister Jörg Schönbohm Wörners Adjutant im Verteidigungsministerium.

Rupert Scholz, ein hochangesehener Jurist und Grundgesetzkommentator der vorher Justiz- und Bundessenator in Berlin war, wurde nun 1988 Verteidigungsminister.

Er war der erste deutsche Verteidigungsminister, der Moskau besuchte.

Während seiner Amtzeit kam es zu den Katastrophen von Ramstein (70 Tote) und Remscheid (6 Tote). Aber sein Abgang als Minister hatte vermutlich andere Gründe:

1988 starb ja Franz-Josef Strauß und es wurden zwei Ämter frei. Zum einen der Posten des Bayrischen Ministerpräsidenten und zum anderen der des CSU-Vorsitzenden.

Da keiner der vorhandenen "CSU-Granden" beide Posten alleine ausfüllen konnte, bzw. keiner dem anderen traute, wurde Max Streibl (der später über die Amigo-Affäre fiel) Ministerpräsident Bayerns und Theo Waigel CSU-Vorsitzender.

Damit kamen Stimmen auf, dass der Vorsitzende der CDU-Schwester auch ein Ministeramt bekleiden müsse. Schließlich wurde Waigel (CSU) Finanzminister und der Finanzminister Stoltenberg (CDU) wurde 1989 Verteidigungsminister.

Gerhard Stoltenberg ("Der große Klare aus dem Norden" - weil er blond war, aus Schleswig-Holstein kam und einen deutlichen Akzent hatte, nicht wegen Bommerlunder - was denkt ihr denn...) war von 1965-1969 Bundesminister für Wissenschaft und Forschung, 1971-1982 Ministerpräsident von Schleswig-Holstein und 1982-1988 Bundesminister für Finanzen.

Als Finanzminister versuchte er sich darin die Staatsverschuldung zurückzuführen, was aber auch nicht richtig gelang. (Spottname: Gerhard Schuldenberg ;-)

Stoltenberg war als Finanzminister lange Zeit der gefährlichste Mann für Kohl, denn man traute ihm mehr zu als dem Kanzler. Kohl agierte als Kanzler in der Öffentlichkeit anfangs ungeschickt, hatte eine blumige Sprechweise ("In diesem unseren Lande" - er meinte Deutschland) und einen Pfälzer Akzent. Stoltenberg galt als Reservekanzler und man ging anfangs davon aus, dass sich Kohl nicht lange halten würde und dann Stoltenberg ihm nachfolgen werde.

Allerdings hatte Kohl mehr drauf als seine Freunde und Gegner erwartet hatten. Zwar kam er Anfang 1989 innerparteilich in Trudeln, konnte sich aber noch einmal durchsetzen. Und im November 1989 begann der Zerfall der DDR, was Kohl vollends aus der Schusslinie nahm. Kohl ergriff den "Mantel der Gechichte" ;-) und wurde Kanzler der Einheit. Auch die Kohl-Witze hörten auf.

Mit der Ernennung Stoltenbergs zum Verteidigungsminister sicherte Helmut Kohl auf jeden Fall seine Macht und setzte Stoltenberg auf den "Schleudersitz" im "Verteidigungsministerium". Bei soviel Personal (Soldaten), gefährlichen Geräten (Waffen) und Waffengeschäften (Rüstungsaufträgen und Lieferungen) kann ja immer was schief gehen, was einen Ministerkopf kostet - auch wenn der Minister nichts dafür kann.

So kam es auch: Wegen verdeckter Rüstungslieferungen (U-Boote, Blaupausen) an die Türkei trat Stoltenberg 1992 zurück.

Nachfolger wurde 1992 der CDU-Generalsekretär Volker Rühe, der wegen seines rauhen Tons gegen die SPD gerne auch Volker Rüpel ;-) genannt wurde. Da zeigte sich jetzt die dünne Personaldecke der Union, denn CDU-Generalsekretär wurde der blasse Peter Hinze.

Rühe hatte in seiner Amtszeit die Bundeswehr neu auszurichten, da Deutschland ja seit 1990 mit dem Ende des Ost-West-Konfliktes "von Freunden umzingelt" ist.

Probleme machten allerdings die rechtsradikalen Tendenzen, die bei einigen Bundeswehreinheiten auftraten, ein Vortrag des Neo-Nazi-Anwaltes Roeder 1995 vor der Bundeswehrakademie in Hamburg und "Führers Geburtstag" feiernde Soldaten der Franz-Josef-Strauß-Kaserne.

1998 gewann die SPD die Bundestagswahl. Rudolf Scharping wurde Verteidigungsminister, nachdem er erst Vorsitzender der Bundestagsfraktion werden wollte, das aber der SPD-Vorsitzende Oskar Lafontaine nicht wollte.

Rudolf Scharping hatte 1998 den ersten Bundeswehr-Kriegseinsatz vor sich, denn kurz nach der Wahl beginnt der Krieg gegen Rest-Jugoslawien, mit dem Ziel die Minderheiten im Kosovo vor serbischen Übergriffen zu schützen.

Auch Scharping reformierte die Bundeswehr, bzw. wolltel mehr Geld dafür, was aber wegen der geplanten Haushaltskonsolidierung knapp war. Hinzu kamen noch kostspielige Militäreinsätze auf dem Balkan und in Afghanistan.

Rudolf Scharping handelt aber mit zunehmender Zeit immer ungeschickter. Den Kosovo-Krieg rechtfertigt er mit Behauptungen über serbische Gräueltaten, die so nicht bewiesen waren, er ließ eine Homestory über sich und seine Freundin beim Baden veröffentlichen, er nutzte die Bundeswehr-Flugbereitschaft für Mallorca-Ausflüge, plauderte über Angriffspläne der USA und hatte schließlich undurchsichtige Geschäftskontakte mit dem PR-Spezialisten, Lobbyisten (und CDU-Mitglied) Moritz Hunzinger.

Dies (alles?) führte schließlich zu seiner Entlassung 2002.

Peter Struck, der Fraktionsvorsitzende der SPD im Bundestag, wurde daraufhin zwei Monate vor der Bundestagwahl 2002 Verteidigungsminister.

Auffällig: Von den 13 Verteidigungsministern kamen fünf (von Hassel, Schmidt, Apel, Stoltenberg und Rühe) aus Norddeutschland (Hamburg und Schleswig-Holstein).

 

 

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