Der Erste Weltkrieg Die Vorgeschichte auf dem Balkan
Vor 90 Jahren begann der Erste Weltkrieg. Aber wie es sich gehört, wurde der Krieg nicht einfach angepfiffen wie ein Fußballspiel, sondern hatte einigen Anlauf nötig.
Für Deutschland begann der Erste Weltkrieg am 1. August 1914. Das Deutsche Kaiserreich erklärte dem russischen Zarenreich den Krieg.
Der Erste Weltkrieg ist ein Musterbeispiel für den Unterschied zwischen Ursache und Anlass. Der Anlass der dazu führte, dass die damaligen europäischen Großmächte anfingen aufeinander einzuschlagen war die Ermordung des österreich-ungarischen Thronfolgers Franz Ferdinand in Sarajewo am 28. Juni 1914. Ursache war aber die Politik der Großmächte in den Jahren und Jahrzehnten zuvor.
Seit der Unabhängigkeit Griechenlands 1830 waren auf dem europäischen Gebiet des Osmanischen Reiches viele neue Staaten am entstehen. Der Nationalismus, den die Französische Revolution ausgelöst hatte (das französische Volk musste SEINE Revolution (Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit) gegen die konservativen Monarchien Europas verteidigen) wurde von anderen Völkern aufgegriffen. War es vor 1789 der sowieso immer Steuern zahlenden Bevölkerung ziemlich egal welche Sprache oder Nationalität ihr Landesherr hatte, so änderte sich dies nun langsam aber sich in ganz Europa. Mit weitreichenden Folgen. So herrschte Österreich auf dem Balkan über Ungarn, Tschechen, Kroaten, Slovaken, Polen etc. Zwar waren die Gebiete wie Böhmen mit den Tschechen schon seit dem Mittelalter Teil des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation gewesen, aber die Nationalität wurde erst jetzt interessant. Im europäischen Teil Russlands lebten ebenfalls nationale Minderheiten wie Finnen, Esten, Litauer, Polen etc. Ebenso in Preußen, welches dank der Aufteilung Polens zwischen Russland, Preußen und Österreich eine polnische Bevölkerung hatte.
Im Berliner Frieden von 1878 wurden die vormals türkisch-osmanisch beherrschten Länder Bulgarien, Montenegro, Rumänien, Serbien souverän. Österreich-Ungarn durfte Bosnien und die Herzegowina besetzen und Großbritannien erhielt Zypern.
Aber es gab noch reichlich Land des langsam aber sicher zerfallenden osmanischen Reiches zu verteilen, denn Albanien, Nordgriechenland, Makedonien, und Südbulgarien (Namen aus heutiger Sicht) blieben türkisch.
1908 kommt es zur Revolution der Jungtürken unter Enver Pascha (dem späteren Atatürk). Das osmanische Reich soll eine Verfassung und gleichberechtigte Untertanen bekommen.
Die Balkanstaaten sehen in der türkischen Schwäche Gelegenheiten zur Nationalismusauslebung und Gebietsvergrößerung.
1908 annektiert Österreich-Ungarn das schon besetzte Bosnien-Herzegowina um Fakten zu schaffen. Serbien sieht dadurch seinen Weg zum Meer und sein Recht auf ein Großserbien verhindert.
Österreich-Ungarn wird in seinem Handeln von Deutschland unterstützt. Dadurch kommen die beiden Mittelmächte in Konflikt mit Russland, das Serbien unterstützt. Der pro-serbische russische Außenminister Iswolski tritt schließlich zurück und wird russischer Botschafter in Paris.
1911/12 kommt es zum Krieg zwischen Italien und der Türkei um Libyen. Russland vermittelt die Gründung des Balkanbundes zwischen Serbien und Bulgarien mit dem Hintergedanken den Einfluss Österreich-Ungarns einzudämmen. Die türkische Schwäche wird 1912 von Montenegro, Serbien, Griechenland, Rumänien und Bulgarien genutzt, um ihr Staatsgebiet auf Kosten des europäischen Restes des osmanischen Reiches zu vergrößern.
Der Erste Balkankrieg ist Montenegro, Serbien, Griechenland, Rumänien und Bulgarien gegen die Türkei.
Die Großmächte mischen natürlich auch mit und unterstützen verschiedene Balkanstaaten. Russland unterstützt Serbins Pläne zum Meer zu gelangen, Österreich-Ungarn unterstützt Bulgarien um Serbien und Italien zu bremsen. Denn Italien möchte Albanien kassieren und besetzt in der Ägeis vor der türkischen Küste die Dodekanes.
Auf der Londoner Konferenz im Mai 1913 vermitteln Deutschland und England die Verteilung des ehemaligen osmanischen Kuchens. Nur sind sich die jungen Balkanstaaten selbst nicht grün und fallen beim Beuteverteilen im Juni 1913 übereinander her.
Der Zweite Balkankrieg ist Montenegro, Serbien, Griechenland und Rumänien gegen Bulgarien.
Bulgarien greift Serbien an und Montenegro, Griechenland und Rumänien unterstützen Serbien. Österreich-Ungarn will Bulgarien beistehen wird aber von Deutschland und Italien daran gehindert, denn Russland war ja auch noch im Hintergrund als serbischer Verbündeter.
Im August kommt es zu Frieden von Bukarest. Serbien hat sein Staatsgebiet verdoppelt ist aber noch immer ohne Seehafen, Albanien ist selbstständig und Bulgarien verliert Mazedonien an Griechenland und Serbien.
Infolge nicht eindeutig festlegbarer ethnischer Grenzen und eigentlich damals immer noch anachronistisch nationale Minderheiten ignorierende inGroßreichen denkenden nationalistischen Politikern blieb der Balkan auch nach seinen beiden Kriegen 1912/13 ein Spannungsfeld.
Am 28. Juni 1914, seinem Hochzeitstag, besucht der österreichische Thronfolger Franz Ferdinand Sarajewo in Bosnien-Herzegowina. Er war auf der Durchreise, weil er zu Manövern zweier Armeekorps wollte. An dem Tag Sarajewo zu besuchen war aus serbischer Sicht eine Provokation, denn der 28. Juni.1389 war der Tag der Schlacht auf dem Amselfeld. Die Schlacht verloren damals die Serben gegen die Türken.
Die Bedeutung dieses Tages wurde am 28.6.1989(!) wieder deutlich, als Slobodan Milosevic zum 600. Jahrestag der Schlacht auf dem Amselfeld vor rund einer Million Serben um eine Unabhängigkeit des Kosowos zu verhindern den den serbischen Nationalismus weckte und den Jugoslawischen Bügerkrieg in Kauf nahm.
1914 war an diesem Sommertag in Sarajevo Cabrio-Wetter. Franz Ferdinand und Frau sitzen in einem sechssitzigen Phaeton der Marke Gräf und Stift mit Vorderradantrieb, 4 Zylinder und 32 PS
Und schon auf dem Weg zum Rathaus wirft ein Student eine Granate, die aber auf den Kofferraum fällt und von dort auf die Straße, explodiert und verletzt Gefolge und Passanten. Der Großherzoig und seine Frau Sophie bleiben unverletzt.
Heutzutage würden nach solchen Ereignissen die Staatschefs von ihren Sicherheitsdiensten zum Paket verschnürt und in Blei eingegossen wieder heimgeflogen, damals wollte man wohl Stärke demonstrieren.
Durch eine Änderung der Fahrtroute verfährt sich der Chauffeur des Thronfolgers und muss an einer Stelle wenden. Dummerweise steht dort zufällig der Mitattentäter Gavrilo Princip, der eigentlich davon ausgegangen war, dass das Granatenattentat schiefgegangen war. Er sieht seine Chance und erschießt Franz Ferdinand und Sophie.
Das Auto, der Phaeton, scheint übrigens verflucht. Nachfolgende Fahrer haben mit dem Wagen sechs schwere Unfälle, bei denen insgesamt 13 Menschen ums Leben kommen. Inzwischen steht das Auto im Heeresgeschichtlichen Museum in Wien.